Krieg in der Ukraine: Zürich zeigt sich solidarisch - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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Von Isabel Brun

Redaktorin

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1. März 2022 um 15:00

Krieg in der Ukraine: Zürich zeigt sich solidarisch

Während der Krieg von Russland gegen die Ukraine anhält, wächst der Wunsch vieler Zürcher:innen, zu helfen: Immer mehr Private bieten geflüchteten Menschen eine Unterkunft an, eine Ukrainerin aus Zürich wird mit Sachspenden überschüttet und am Montagabend folgten um die 20’000 Personen dem Aufruf einer Kundgebung gegen den Krieg.

Die Solidarität gegenüber Ukrainer:innen war auch an der Kundgebung in Zürich riesig. (Foto: Elio Donauer)

Es waren bewegende Szenen, am vergangenen Montagabend auf dem Münsterhof in Zürich: Kerzen flackerten im Dunkeln, Menschen weinten, Rufe aus der Menge durchschnitten die Stille, unterbrachen die Reden: «Slava ukraini, hiroiam slava!» Ruhm der Ukraine, Ruhm den Helden, hiess der Wortlaut. Die Stadtpräsidentin Corina Mauch sprach von schätzungsweise 20’000 Personen, die dem Aufruf zur Kundgebung #StandWithUkraine gefolgt waren. Der Platz vor dem Fraumünster wie auch die Münsterbrücke und die Gassen rundherum waren brechend voll mit Menschen, die sich mit der Ukraine solidarisieren wollten.

Denn auch knapp eine Woche, nachdem Russland der Ukraine den Krieg erklärt hat, scheint das Unverständnis und die Wut darüber auch in Zürich riesig zu sein – ganz ungeachtet von unterschiedlichen politischen Einstellungen. «Hier geht es nicht um Parteizugehörigkeit. Hier geht es um Demokratie und das Völkerrecht, um unsere Grundwerte. Und das geht uns alle etwas an», eröffnet eine Sprecherin der zivilgesellschaftlichen Gruppe #StandUp4Democracy, die es gerade einmal seit einer Woche gibt.

Auf dem Münsterhof versammelten sich am vergangenen Montagabend Tausende, um den Reden zu lauschen. (Foto: Elio Donauer)

«Nie da gewesene Solidarität»

«In einem bin ich mit Wladimir Putin und seinem Generalstab einverstanden», so der ukrainisch-schweizerische Doppelbürger, Sasha Volokov, «dies ist kein Krieg.» Es sei vielmehr eine grossflächige terroristische Operation gegen das ukrainische Volk. Doch damit würde Russland nicht nur die Ukraine, sondern die ganze Friedensordnung Europas und die Demokratie angreifen. «Deshalb betrifft das nicht nur die Ukraine, sondern auch die Schweiz», erklärte Volkov. Auch Natalia Schildknecht, ebenfalls Doppelbürgerin, die gestern Abend über die Situation in der Ukraine sprach, hielt fest: «Das Volk ist nichts Abstraktes, das Volk sind wir. Sie und ich.» Der Schmerz sei beinahe physisch, sagte sie unter Tränen, aber gleichzeitig verspüre sie eine «grosse Freude über die noch nie da gewesene Solidarität».

«Wir unterstützen den Kampf der Ukraine gegen Willkür, Unterdrückung und Vernichtung.»

Corine Mauch, Stadtpräsidentin von Zürich

Auch unter Zürcher:innen wächst der Wunsch, Menschen in der Ukraine zu helfen – nicht nur finanziell. Mehrere Privatpersonen haben auf der online Plattform Ron Orp Inserate geschaltet, die geflüchteten Personen oder Familien Unterschlupf im eigenen Zuhause anbieten. Man fühle sich hilflos, wenn Krieg in einem Land ausbrechen würde, das zwei Flugstunden von der Schweiz entfernt liegt, sagt eine der Inserent:innen gegenüber der NZZ. Nachdem sich auf Ron Orp die Angebote für flüchtende Menschen mehrten, schaltete sich auch die Kampagnenorganisation Campax aus Zürich ein und startete eine . Bei dieser können sich nun Personen melden, die Platz für Ukrainer:innen in Not haben. Über 3000 Anmeldungen seien bereits eingegangen.

Die Regierung des Kantons Zürich begrüsst es, dass auch Privatpersonen geflüchtete Menschen aufnehmen wollen, betont aber, dass der Kanton und die Gemeinden genügend Kapazitäten hätten. Der Kanton werde entsprechende Angebote koordinieren, so der Sicherheitsvorsteher Mario Fehr auf Anfrage der NZZ. 

Tausende wollen helfen

Eine Welle der Solidarität hat auch die Ukrainierin Alessia Keyer, die in Zürich lebt, erfahren. Auf Instagram rief sie die Menschen vergangenes Wochenende auf, zu spenden: Vor allem medizinische Hilfsgüter, wie sterile Handschuhe, OP-Kleider und Schmerzmittel würden in ihrer Heimat dringend gebraucht werden. Aber auch Kleider und Esswaren seien willkommen. Das liessen sich die Zürcher:innen nicht zweimal sagen, froh, endlich etwas gegen die Ohnmacht machen zu können. «Auf Whatsapp, Instagram und Facebook kommen so viele Anfragen und Hilfsangebote rein, es ist mir nicht mehr möglich, alle zu lesen», sagt Keyer gegenüber dem Tages-Anzeiger. Jetzt würden sich die Sachspenden in Säcken auftürmen; ihre Wohnung reiche bei weitem nicht, um alles zu lagern. 

Im Hintergrund: Das Grossmünster, das in den Farben blau und gelb erstrahlte. (Foto: Elio Donauer)

Die Barmherzigkeit der Europäer:innen würde ihr Hoffnung geben, so Natalia Schildknecht in ihrer Rede am Montagabend auf dem Münsterhof. Und die Russ:innen? «I have a dream.» Meint die Ukrainierin mit russischen Wurzeln, Olga Feldmeier, dazu. Sie träumt von einem guten Verhältnis zwischen Russ:innen und Ukrainer:innen – damit man zusammen wie Brüder leben könne. Doch ein Traum, den man alleine träume, bleibe ein Traum. Ein Traum müsse man gemeinsam träumen, so Feldmeier. «Russ:innen, bitte, hasst nicht die Ukrainer:innen und Ukrainer:innen, bitte versucht, Russ:innen nicht zu hassen.» 

Willkommen in Zürich?

Dieser Krieg sei nicht im Interesse der Menschen Russlands, stellt auch die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch klar. Und schon gar nicht im Interesse allen anderen. «Deshalb unterstützen wir den Kampf der Ukraine gegen Willkür, Unterdrückung und Vernichtung», so Mauch weiter. In der Geschichte sei die Ukraine immer wieder von Russland ins Visier genommen worden: «Das Schicksal hat dieses Land und seine Menschen grausam behandelt.» Umso wichtiger sei es, sich ihnen gegenüber solidarisch zu zeigen.

Aus diesem Grund  werde sie im Stadtrat eine «substanzielle und dringliche» Nothilfe für Geflüchtete aus der Ukraine beantragen, so Mauch. Die Zürcher Regierung zeigt sich laut der Stadtpräsidentin bereit, Flüchtlinge in unserem Land willkommen zu heissen und ihnen ein sicheres Leben zu ermöglichen: «Wir sind in enger Absprache mit dem Städteverband, Kanton und Bund.» Der Bundesrat müsse zwingend auf dem eingeschlagenen Weg bleiben, deshalb würden wir alle hier stehen: «Für Frieden, Freiheit und Demokratie.»

Du willst helfen?

  1. Telegram Chat «Zürich for Ukraine»
  2. , um Flüchtende aus der Ukraine aufzunehmen
  3. Unicef, Uno-Kinderhilfswerk
  4. UNHCR, Flüchtlingsschutz der Vereinten Nationen
  5. Caritas International, Hilfe für Inlandsvertriebene
  6. Helfen Sie helfen, Verein zur Sammlung von Hilfsgütern
  7. Vostok SOS, Humanitäre Hilfe in der Ukraine
  8. Malteser International, Humanitäre Hilfe in der Ukraine
  9. Pink Cross, LGBTQ Emergency Fund for Ukraine

Ansonsten: Informiere dich zum Beispiel bei der ukrainischen Zeitung Kyiv Independent und prüfe Nachrichten über die Lage vor Ort kritisch. So erfährst du, was die Menschen in der Ukraine gerade durchmachen und brauchen. Achte dazu speziell auf die Quelle der Informationen. Die deutsche Zeit hat eine Twitter-Liste herausgegeben mit verifizierten Accounts, die über die Ereignisse in der Ostukraine berichten. Das SRF protokolliert das Geschehen mit einem Live-Ticker

Seriöse Informationsquellen aus der Ukraine:

  1. dekoder.org
  2. meduza.io

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