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Von Isabel Brun

Redaktorin

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16. Juli 2021 um 10:30

Schatten über dem Klimapavillon: Wenn das Geld für Klimaschutz fehlt

Seit einem Jahr betreibt der Verein Klimastadt Zürich zusammen mit dem Klimastreik den Pavillon auf dem Werdmühleplatz. Was mit viel Enthusiasmus begann, wird immer mehr zur Belastungsprobe – denn den Betreiber:innen geht das Geld aus.

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Begegnungsort und Treffpunkt für Klimaanliegen: Der Pavillon auf dem Werdmühleplatz. (Fotos: Autorin)

Es könnte wohl keinen kontroverseren Standort für eine Klima-Plattform geben: Der Werdmühleplatz mitten im Kreis 1 ist von Hauptstrassen umrahmt, gleich nebenan thront die Credit Suisse. Das Plätschern des Brunnens geht im Lärm der Motoren unter. Wie eine verlorene Insel liegt der Klimapavillon im Zürcher Konsumdschungel, dabei soll sein Einfluss viel höher sein als der einer Oase. Das wünschen sich die Initiant:innen des Projekts. Doch das Geld wird knapp: «Die Ideen sind da, doch die Ressourcen fehlen», sagt Markus Keller. Er ist der Geschäftsleiter von Klimastadt Zürich, einem gemeinnützigen Verein für Klimaschutz, der zusammen mit dem Klimastreik Zürich den Klimapavillon betreibt.

Vernetzung als oberstes Gebot

Das vergangene Jahr sei ein ständiges Auf und Ab gewesen. Im Mai 2020 bewirbt sich der Verei gemeinsam mit dem Klimastreik auf die Zwischennutzung des ehemaligen Tickethäuschens auf dem Werdmühleplatz – und bekommt einen Monat später die Zusage. Die Stadt gibt sich begeistert, übernimmt gar die Nebenkostenpauschale in der Höhe von 300 Franken pro Monat. 2019 war das Jahr, in dem der Kanton Zürich den Klimanotstand erklärte. Die Zeit scheint reif für ein Projekt wie den Klimapavillon. «Wir wollten eine Schnittstelle zwischen Bevölkerung, Wissenschaft, Politik und Klimabewegung in Form eines realen Ortes schaffen», erklärt Keller, «und so die Vernetzung untereinander fördern.»

Eine Plattform wie der Klimapavillon ist gerade in Hinsicht auf die Netto-Null-Strategie eine wichtige Institution.

Markus Keller, Mitinitiant des Klimapavillons

Die Eröffnung vor einem Jahr fand im Juli zwischen der ersten und zweiten Corona-Welle statt. Der mediale Hype fiel aus, aber die Begeisterung blieb. Kurz darauf wurde der 22-Quadratmeter grosse Raum von Greenpeace in eine Bankfiliale umgewandelt. Im Visier: Der Schweizer Finanzplatz als Treibhausgas-Produzent. Aufklärung und Informationsvermittlung sei ein wichtiger Bestandteil des Klimapavillons, so Mitinitant Keller. Das würde auch weiterhin eines ihrer Ziele bleiben, denn «damit Zürich zur Klimastadt wird, braucht es alle.» Mit dem Begriff «Klimastadt» meint Keller: «Zürich hat das Potential, einen Leuchtturm in Sachen Klimaschutz zu werden: Kaum eine Stadt hat so viel Geld und Wissen zur Verfügung.» Als gutes Vorbild soll Zürich andere Städte dazu motivieren, mit Netto-Null vorwärts zu machen.

Welche Verantwortung trägt die Stadt?

Doch wie so oft haperts beim Klimaschutz an den finanziellen Mitteln. Das erfährt nun auch der Verein Klimastadt Zürich am eigenen Leib. Zwar hat die Stadt für die jetzige Ausstellung im Pavillon einen Zustupf gegeben, eine fixe Summe, um ihn in einem grösseren Rahmen zu betreiben, blieb bisher jedoch aus. Keller stimmt das nachdenklich: «Eine Plattform wie der Klimapavillon ist gerade in Hinsicht auf die Netto-Null-Strategie eine wichtige Institution. Die Stadt verpasst mit ihrer fehlenden Unterstützung die Chance, mit einem bereits bestehenden und motivierten Team ihre Klimaziele voranzutreiben.»

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Setzt sich seit vielen Jahren für den Klimaschutz ein: Markus Keller.

30 Personen beteiligen sich bisher am Projekt Klimapavillon, 15 Organisationen und rund 70 Mitglieder zählt der Verein Klimastadt Zürich. Dabei kommen diese aus ganz unterschiedlichen Bereichen: Aus der Wissenschaft, der Kommunikation, dem Finanzwesen und Klimaorganisationen; einige sind Professor:innen, andere forschen in der Solarenergie. Keller selbst ist Soziologe und Mitbegründer von Fossil Free, einer Bewegung, die sich gegen Investitionen in fossile Energien einsetzt. Bei ebendieser fand der Verein im Jahr 2018 seinen Anfang, noch bevor der Klimastreik gross geworden ist.

Schon damals sei der Fokus klar auf dem Anstossen und der Vermittlung zwischen den verschiedenen Akteur:innen gelegen: Anfang 2019 traf sich der Verein mit lokalen Politiker:innen, um Netto-Null 2030 auszuarbeiten. Dass der Stadtrat im vergangenen April die Jahreszahl von Netto-Null um zehn Jahre nach hinten verschob, habe sie entsetzt, erinnert sich Keller. Einmal mehr hatten sie sich mehr von der Stadt erhofft.

«Alle dürfen, sollen und können mitmachen»

Stattdessen sind sie nun auf grosszügige Spender:innen angewiesen, welchen der Klimaschutz am Herzen liegt. Nur so würden die Aktionen im Pavillon auch entlohnt werden können, sagt Keller. Der Geschäftsleiter ist der einzige im Verein, welcher einen Lohn erhält. Die Präsidentin Zoe Stadler, die Vorstandsmitglieder Marie Seidel und Beat Locher sowie alle anderen Vereinsmitglieder arbeiten ehrenamtlich. Mitmachen könne aber jede:r. Im Verein, wie auch im Klimapavillon, der noch bis im Sommer 2022 von den Aktivist:innen genutzt werden kann. «Alle dürfen, sollen und können mitmachen – solange die Aktion mit dem Klima zu tun hat.»

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Teil der Informationsvermittlung sind auch Ausstellungen wie diese vom deutschen Künstler Guido Kühn.

Aufgrund der Pandemie haben laut Keller verschiedene Veranstaltungen, die im vergangenen Jahr geplant gewesen waren, abgesagt werden müssen. Einige davon würden nachgeholt, anderes wiederholt werden. So zum Beispiel das Velokino, das im vergangenen September 50 Menschen auf den Werdmühleplatz gebracht hat. Und wo könnte ein Film übers Velofahren passender sein als an einem Ort, wo das Dröhnen der Autos zum guten Ton gehört.

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