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Von Seraina Manser

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9. November 2017 um 11:02

Aktualisiert 28.01.2022

«Brooms up» – Im Quidditch-Training mit den Turicum Thunderbirds

Wer glaubt, Quidditch wird nur in den Harry-Potter-Büchern gespielt, liegt total falsch. Die Turicum Thunderbirds trainieren zwei Mal die Woche auf den Sportplätzen Zürichs inklusive Besen und Schnatz!

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Neun Personen in Sportkleidern rennen auf dem Tennisplatz hin und her und schiessen Bälle durch Hula-Hoop-Reifen auf Stangen. Auf den ersten Blick sieht es aus wie irgendein Ballsport, wären da nicht diese PVC-Rohre zwischen den Beinen der Spieler*innen. Es handelt sich um Quidditch, den Sport aus den Harry-Potter-Büchern! Eine der Spieler*innen ist Claudia Leuch, sie trainiert zudem ihre Quidditch Mannschaft Turicum Thunderbirds zwei Mal pro Woche – und zwar so gut, dass die Mannschaft als Siegerin aus der ersten und bisher einzigen Quidditch-Schweizermeisterschaft im Oktober in Hägendorf hervorging.

Eine Mischung aus Rugby, Handball und Völkerball

Wie schafft es ein Sport aus Fantasy-Büchern, der auf fliegenden Besen gespielt wird, auf die Sportplätze in der Schweiz? So: Claudia ging für ein Austauschsemester nach Norwegen, wo Quidditch schon lange gespielt wird. Nach einem Probetraining war sie begeistert und trainierte dort fortan drei Mal die Woche. Immer draussen: «Auch im grössten Schneesturm», sagt die 25-Jährige, die an der ETH Umweltingenieurwissenschaften studiert. Zurück in Zürich, im Sommer 2016, übernahm sie die Trainingsleitung der Thunderbirds, als es die damalige Leitern wegen des Studiums nach Österreich zog, wo diese heute bei den Danube Direwolves spielt.

Es ist ein kalter Donnerstagabend im November: Claudia geht mit zwei gefüllten Ikea-Taschen in der einen und Stangen in der andern Hand Richtung Tennisplatz bei der Universität Irchel. Und ja, die Leute im Tram schauen sie komisch an, wenn sie sehen, was sie dabei hat. Claudia steckt die Stangen, die mit einem Hula-Hoop-Reifen enden, in die Sonnenschirmständer-Füsse aus Plastik und packt die Besen (Plastikrohre aus dem Baumarkt) aus. Zum Equipment gehören auch zwei verschiedene Arten Bälle, einen nicht ganz aufgepumpten Volleyball und weichere Bälle, ausserdem farbige Stirnbänder, um die Position der Spieler*innen anzuzeigen. «Quidditch ist eine Mischung aus Rugby, Handball und Völkerball», erklärt Claudia. Die Mannschaften sind geschlechtergemischt, pro Team dürfen aber nicht mehr als vier Personen des gleichen Geschlechts auf dem Feld sein. Jede Mannschaft besteht aus sieben Spieler*innen: Drei Jäger versuchen den Volleyball (Quaffel) durch einen der Ringe zu schiessen, was zehn Punkte erbringt. Der Hüter verteidigt das eigene Tor bzw. die drei Ringe. Die zwei Treiber schiessen die gegnerischen Spieler mit den weicheren Bällen (Klatscher) ab. Werden die Spieler getroffen, müssen sie zuerst zu den eigenen Toren zurückrennen und dürfen erst dann zum Spielgeschehen zurückkehren. Nach 17 Spielminuten kommt der Schnatz aufs Feld, das ist aber etwa kein selbstfliegender Ball, sondern ein Schnatzläufer (ein Schiedsrichter), der einen Ball in einer Socke an seiner Hose befestigt hat. Die Sucher beider Mannschaften jagen den Schnatzläufer und versuchen den Schnatz zu fangen, was 30 Punkte erzielt und das Spiel beendet.

«Brooms up»

Das Aufwärmen unterscheidet sich nicht von jenem im Fussballtraining – erst als die Besen ins Spiel kommen. Die auch konsequent als Besen und nicht etwa Rohre bezeichnet werden. Der Besen muss immer zwischen den Beinen sein, das heisst, es bleibt nur eine Hand für das Spiel mit dem Balll. Die Fortgeschrittenen schaffen es jedoch, mit den Beinen den Besen zu klemmen und wer im Spiel vom Besen fällt, muss kurz aussetzen. Claudia verteilt jetzt die Positionen an die Spieler*innen. Die Mannschaften stellen sich bei ihren Toren auf, der Besen liegt auf dem Boden zwischen den Beinen. «Brooms up», sagt Claudia. Die Mannschaften steigen auf die Besen und das Spiel beginnt. Für Aussenstehende wirken nicht alle Spielzüge und Aufgaben der Spieler*innen ganz klar. Ein Schaulustiger am Spielfeldrand versucht zu eruieren, um welches Spiel es sich hier handelt.

Nur Nerds spielen Quidditch...
Wer spielt Quidditch? Nur Nerds, oder? Nicht unbedingt. Claudia hat alle Bücher über den Zauberlehrling gelesen, bezeichnet sich aber selbst nicht als Fan. «Quidditch begeistert die Leute entweder weil sie Harry Potter toll finden oder weil ihnen einfach der Sport an sich Spass macht», sagt sie. Kurz vor sieben Uhr trudeln die anderen Quidditchspieler*innen ein. Einer ist zumindest äusserlich die Vorliebe für Harry Potter zu erkennen: Auf ihrer Trinkflasche steht «Zaubertrank», auf ihrem T-Shirt «Quidditch Team Hogwarts» und sie trägt einen selbstgestrickten Schal mit Ravenclaw-Abzeichen. Am Knie hat sie eine Schiene – «Flugunfall», meint sie dazu. Fünf der Spieler*innen sind schon länger dabei und zwei Studentinnen absolvieren heute ein Probetraining. Ein 10-jähriges Mädchen mit langen blonden Haaren kommt auf den Tennisplatz gerannt: «Unser Team-Maskottchen», meint Claudia. An Wettkämpfen müssen die Spieler*innen mindestens 16 Jahre alt sein, aber beim Training könne sie schon mitmachen. Und mit den doppelt so alten Spieler*innen gut mithalten, wie sich später zeigen wird. Auf die Frage, wie die Mitschüler*innen darauf reagieren, dass man ins Quidditch-Training gehe, sagt eine Gymischülerin: «Es gibt drei verschiedene Gruppen. Die erste kennt es nicht und ist deshalb offen. Die zweite denkt, wir sind Nerds und fragt, ob wir fliegen können. Die dritte ist fasziniert und kommt auch mal ins Probetraining.» Ein Teilnehmer meint, sei diese erste Hürde, jemanden ins Probetraining zu bringen, erstmal überwunden, dann ist die Chance gross, dass er oder sie den Sport für sich entdeckt.

So sieht das Ganze aus:

Nächstes Ziel: Quidditch-Weltmeisterschaft

Während dem Ausdehnen erzählt Claudia, dass der Akademische Sportverband Zürich (ASVZ) Quidditch nicht in sein Angebot aufnehmen wollte. Die Begründung: Sie können keine Randsportarten anbieten. «Aber Bogenschiessen dann schon», sagt ein Spieler. In Luzern ist Quidditch bereits im Angebot des Unisports. Am Donnerstag dürfen auch nur ASVZ-Mitglieder trainieren, da der Platz demselbigen gehört. Da nicht alle der Spieler*innen beim ASVZ dabei sind, findet das zweite Training am Sonntagnachmittag in Seebach statt. Neben den Turicum Thunderbirds gibt es in der Schweiz Pilatus Patronus aus Luzern und die Hippogreife Hägendorf. Neu entstanden oder im Entstehen sind die Basiliks Basel und die Berner Boggarts. Aus diesen Mannschaften wird das Nationalteam gebildet, welches Ende Juni 2018 die Schweiz an der Quidditch-Weltmeisterschaft in Florenz vertreten wird.

Das Urteil der beiden, die heute ihre Probetrainings absolviert haben, lautet: «Quidditch hat Spass gemacht, aber an den Besen muss man sich noch gewöhnen». Thomas, ein erfahrener Spieler, meint dazu nur: «Ja, der Besen ist ein Handicap.»

Wer Quidditch ausprobieren möchte, findet auf dieser Webseite mehr Infos.

Fotos: Seraina Manser

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