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Von Adelina Gashi

Redaktorin

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3. September 2019 um 10:00

«Wir wollen Bands, in denen Frauen sichtbar sind»

Der Verein «Helvetiarockt» setzt sich für mehr Frauen in der Schweizer Musikbranche ein. Wir haben mit den Macherinnen über den Festival-Sommer und «Frauen-Bands» gesprochen.

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Eine Teilnehmerin des «Female Bandworkshops» bei der Abschlussperformance. Bild: Océane Dietrich

«Viele denken, wir wollen, dass es nur noch reine Frauenbands gibt. Das stimmt nicht. Es geht um die Balance. Wir wollen Bands in denen Frauen sichtbar sind – in denen sie auch einmal ein Instrument spielen», sagt Letizia Carigiet, Projektleiterin von Helvetiarockt.

Kürzlich veröffentlichte ein bekanntes Schweizer Festival ihr Line-Up für ihren kommenden Grossanlass. Namhafte nationale wie internationale Künstler, aber keine einzige Frau. Die Empörung liess nicht lange auf sich warten. Wie das denn sein könne, wollten einige User*innen in den sozialen Medien wissen. Wenige Tage später war das Line-Up angepasst – neu reihte sich eine Frau unter die 12 Männer.

Mehr Frauen in der Schweizer Musikszene

Die Schweizer Musikbranche ist männerdominiert. Das zeigt sich nicht nur, wenn man Festival-Line-Ups vergleicht, sondern auch, wenn man sich die Organisationskomitees, Jurys und Programmleiter*innen von Konzertreihen und Openairs anschaut, die diese planen und somit in der Hand haben, wen sie buchen.

Helvetiarockt setzt sich aus diesem Grund nun schon seit 10 Jahren für mehr Frauen in der Schweizer Musikbranche ein.

Gegründet wurde der Verein im Januar 2009 von den beiden Luzernerinnen Judith Estermann und Isabelle Portmann. Estermann, die an Hochschulen bereits «Female Bandworkshops» durchführte, sah Handlungsbedarf in der Schweizer Musikbranche, in der vor allem Männer das Sagen zu haben schienen.

Ein Safe Space

Dieses Jahr feiert der Verein sein zehnjähriges Bestehen. «Wir wollen ein Ort sein, wo sich Mädchen und junge Frauen musikalisch weiterentwickeln können», sagt Letizia Carigiet. Helvetiarockt organisiert Bandworkshops, bietet Kurse im Songwriting, aber auch in Djing und im Kreieren eigener Beats an. Die Kurse verstehen sich als safe space von Frauen für Frauen.

«Oft werden wir dafür kritisiert, dass wir nur Frauen fördern wollen. Aber unsere Erfahrung zeigt, dass es von vielen jungen Frauen geschätzt wird, dass sie unter sich sind und ungestört fragen und ausprobieren können.»

Letizia Carigiet begleitet junge angehende Musikerinnen in den «Female Bandworkshops». Für sie sei es besonders schön zu sehen, wie die Frauen und Mädchen sich nicht nur musikalisch, sondern auch persönlich weiterentwickeln würden. «Innerhalb weniger Monate entstehen ganze Sets. Manche Bands schaffen es sogar nach dem Workshop zu bestehen.»

Hier sind drei Künstlerinnen, die bei Helvatiarockt ihre Anfänge hatten:

1. Fiona Cavegn

Fiona Cavegn war gleich zwei Mal beim Female Bandworkshop dabei. Cavegn ist Bünderin und singt auf Rätoromanisch. Ihr Sound: poppig und verträumt.

2. Anouchka Gwen

Anouchka Gwen macht R’n’B, Hip-Hop und Soul. Momentan arbeitet sie an einem neuen Bandprojekt, wie sie kürzlich verkündete.

3. Laura Nucha

Laura Nucha ist Singer-Songwriterin und setzt aber auch auf Cover-Songs. Mit ihrer Gitarre tritt sie in Bars und kleineren Stadtfestivals auf.

Für mehr Sichtbarkeit

Aber nicht nur das Fördern von weiblichem musikalischem Nachwuchs sei wichtig, sagt Carigiet. Sondern auch der Blick hinter die Kulissen. «Wir wünschen uns mehr Frauen in Managementpositionen, in Vorständen und Jurys.» Weil aber diese Bereiche der Musikbranche selten thematisiert würden, bestehe kaum Sichtbarkeit oder Bewusstsein, sagt Carigiet.

Helvatiarockt setzt sich deshalb auch dafür ein, in dem sie mit Veranstalter*innen von Konzerten und OpenAirs in den Dialog tritt.

«Oft lautete da die Ausrede, es gäbe nun mal nicht so viele gute und geeignete Frauen in der Musik. Es ist alles eine Frage des Zugangs. Man muss offen dafür sein, neue Künstlerinnen und Szenen zu entdecken.»

Sensiblisierung

Um die Entwicklung der Musikbranche hinsichtlich der Geschlechterbalance besser einschätzen zu können, braucht es eine Grundlage in Form einer qualitativen und quantitativen Studie, die auch die sozialen Dimensionen der Musikerinnen berücksichtigt, sagt Carigiet.

«Der nationale Frauenstreik dieses Jahr hat sicher auch etwas für uns bewirkt. Dem Thema Frauen in der Musik wurde mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Das merken wir auch an den Medienanfragen, die mit uns über ausgeglichene oder eben nicht ausgeglichene Musikfestivals sprechen wollen. Es findet eine Sensibilisierung dahingehend statt», sagt Carigiet.

Der feministische Grundgedanke zieht sich durch den Verein. Es gehe auch darum, veraltete Strukturen aufzubrechen, wo Rock- und Jazz-Musik ein «Männerding» seien und Frauen dazu zu ermutigen, sich in der Musikbranche auszuprobieren.

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