Luca Maggi: «Bin kein Fan davon, dass man überall nur 2 bis 3 Jahre bleibt» - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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Gemeinderat der Woche: Luca Maggi (Grüne)

Luca Maggi war eines der bekanntesten jungen Gesichter seiner Partei, als er 2018 in den Gemenderat kam. Hier kümmert sich der 32-Jährige seither um klassische linke Themen wie soziale Wohnpolitik, Sicherheit und Überwachung im öffentlichen Raum und Polizeigewalt. Sein Fokus liegt dabei auf Menschen, die eher am Rand der Gesellschaft leben und nicht zum «Züri-Establishment» gehören.

Luca Maggi

(Foto: Steffen Kolberg)

Als Luca Maggi 2018 in den Gemeinderat kam, hatte er bereits Stationen im Vorstand der Jungen Grünen Zürich und als Vizepräsident der gesamtschweizerischen Grünen hinter sich und war damit das bekannteste junge Gesicht seiner Partei. Heute ist der 32-Jährige immer noch Vizepräsident der städtischen Grünen und inzwischen einer der profiliertesten Grünen Gemeinderäte. Er beschäftigt sich meist mit klassisch linken Themen wie Polizeigewalt, Sicherheit und Überwachung im öffentlichen Raum, sozialer Wohnpolitik und der Lage von Migrant:innen in der Stadt.

So ist Maggi unter anderem Teil der Mindestlohninitiative, die einen flächendeckenden Mindestlohn von 23 Franken in der Stadt fordert und gerade in der Sachkommission Sozialdepartement beraten wird. Die Diskussion um Missstände im Asylzentrum für unbegleitete minderjährige Geflüchtete (MNA) Lilienberg, die ehemalige Mitarbeiter:innen öffentlich gemacht hatten, hat Maggi zusammen mit Walter Angst (AL) in den Gemeinderat getragen. Neben Anfragen und Postulaten zum Thema hatten sie einen Sofortmassnahmenkatalog zur Verbesserung der Situation eingereicht.

Bei der Diskussion um Polizeistellen in der Stadt stellte er sich klar gegen die Forderung der Grünen Polizeivorsteherin Rykart nach einem Ausbau derselbigen. Und in der Sitzung am Mittwoch stellte er den Ablehnungsantrag gegen das Postulat von Walter Anken und Samuel Balsiger (SVP), die eine Ausrüstung der Stadtzürcher Frontpolizist:innen mit Tasern fordern. Wenn behauptet werde, dass durch Taser Schusswaffeneinsätze verhindert werden könnten, finde er diese These gewagt, sagt er. Schliesslich seien in den letzten 12 Jahren nur etwa 6 Schusswaffeneinsätze durch die Stadtpolizei bekannt. Zudem würden auch Taser ein gesundheitliches Risiko bergen und bei einer flächendeckenden Ausrüstung als milderes Einsatzmittel automatisch auch bei milderen Einsätzen eingesetzt. Es reiche deshalb, wenn wie bis anhin nur die Interventionseinheit der Polizei damit ausgerüstet sei. Seiner Argumentation folgte eine Mehrheit von Grünen, GLP, SP und AL, die das Postulat ablehnte.

Seine polizeikritische Haltung komme daher, dass er unter anderem durch Randgruppenthemen politisiert sei, so Maggi: «Mir ist schon klar, dass eine überwiegende Mehrheit der Stadtzürcher:innen im Alltag keine negativen Erfahrungen mit der Polizei macht, aber wenn man in bestimmte Raster fällt, dann sieht das anders aus.» Zudem habe er als Mitorganisator am 1. Mai, als Engagierter im Asylbereich oder auch als Fussballfan des FCZ mitbekommen, mit welchen Mitteln die Polizei in Einsätzen teilweise arbeite.

Er sehe seine Aufgabe darin, den politischen Diskurs nach links zu verschieben, meint Maggi. Trotz der linken Mehrheit im Rat sei es in den letzten vier Jahren nicht immer gelungen, grosse linke Themen zum Beispiel im Asylbereich, bei der Polizei oder bei Frei- und Grünräumen, voranzubringen. In der Sachkommission Finanzdepartement, der er seit dieser Legislatur als Präsident vorsteht, wolle er vor allem etwas in der städtischen Wohn- und Bodenpolitik bewegen. Als Jurist im Arbeitsrecht seien ihm zudem personalrechtliche Fragen nahe – gerade auch der Einsatz für Menschen, welche in Tieflohnbranchen arbeiten.

Hat er Ambitionen, seine politische Karriere über die Gemeindeebene hinaus voranzutreiben? «Ich bin kein Fan davon, dass man überall nur zwei bis drei Jahre bleibt und dann weiterzieht», antwortet er. Um politisch etwas zu erreichen, müsse man dranbleiben und sich in den Sachthemen auskennen, deshalb sei der Gemeinderat für ihn gerade der richtige Ort: «Aber ich bin ein politischer Mensch, natürlich reizen mich auch andere politische Aufgaben.»

Warum sind Sie Gemeinderat geworden?

Als ich mit 19 Jahren Redaktor und Moderator beim Schaffhauser Radio Munot wurde, berichtete ich oft über regionale politische Themen. Gleichzeitig wurden Minarett- und Ausschaffungsinitiative angenommen. In Fukushima ereignete sich die Atomkatastrophe. Als neutraler Berichterstatter fühlte ich mich irgendwie mitschuldig. Ich wollte selber versuchen Dinge zu ändern. Also habe ich den Job gekündigt, ein Soziolgie- und Jus-Studium abgeschlossen und bin den Grünen beigetreten. Zuerst habe ich mich über mehrere Jahre parteiintern in verschiedenen Ämtern engagiert. Seit 2018 bin ich im Gemeinderat. Hier kann ich mich nahe an der Lebensrealität der Stadtzürcher Bevölkerung engagieren. Mein Fokus gilt dabei auch jenen, welche dieses Privileg nicht haben oder nicht zum Züri-Establishment gehören.

Mit welcher Ratskollegin oder welchem Ratskollegen der politischen Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?

Ich würde FDP-Präsident Përparim Avdili und FDP-Gemeinderat Flurin Capaul an einem lauen Sommerabend am Utoquai auf ein Dosenbier einladen. Dieses kaufen wir an einem der Stände, welche dank ihrem Postulat dann Alkohol verkaufen können. Wir könnten uns über die Kommerzialisierung des öffentlichen Raums, Freiräume und unnötige Überwachungskameras unterhalten. Gesellschaftsliberale Themen, die aus meiner Sicht bei der FDP zu kurz kommen.

Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?

Sämtliche bürgerlichen Bestrebungen auf kantonaler Ebene die Autonomie der Gemeinden, respektive insbesondere der Stadt Zürich einzuschränken, befremden mich. Sei dies im Verkehr, bei der Polizei oder bei sozialen Themen.

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