Christian Huser: «Es ist wichtig, dass wir nicht zur Schlafstadt werden» - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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Gemeinderat der Woche: Christian Huser (FDP)

Mit Christian Huser rückte kürzlich ein unaufgeregter Parlamentarier ins Gemeinderatspräsidium. Der Inhaber einer Druckerei versteht sich als Vertreter eines Gewerbes, das nicht nur aus Dienstleistungen besteht – und durchaus auch Lärm macht.

(Foto: Elio Donauer)

Zu seinem Abschied als Gemeinderatspräsident in der letzten Sitzung merkte Matthias Probst (Grüne) an, dass die zuletzt in Rekordzahl eingereichten Postulate in den allermeisten Fällen kein geeignetes Instrument für die politisch-strategische Funktion des Gemeinderats seien. Besser passen würden dagegen Motionen, Parlamentarische Initiativen und Schriftliche Anfragen.

Am gleichen Tag rückte mit Christian Huser (FDP) ein Politiker ins Präsidium, dessen bisherige parlamentarische Tätigkeit Probst eigentlich als Positivbeispiel hätte verwenden können. In seinen zehn Jahren im Rat hat Huser erst acht Postulate eingereicht, dafür aber 14 Schriftliche Anfragen. «Für mich war das einfacher, es geht einfach schneller», sagt der frischgebackene zweite Vizepräsident selbst: «Nach spätestens drei Monaten bekommt man eine Antwort, dann kann man immer noch entscheiden, ob einem das reicht oder ob man die Sache zum Beispiel in Form eines Postulats weiterziehen möchte.»

Ähnlich nüchtern antwortet der 62-Jährige auch auf die Frage, warum er sich für das Gemeinderatspräsidium entschieden hat: «Der Fraktionspräsident hat unter anderem mich dafür angefragt, und ich fand, da kann man schlecht Nein sagen.» Huser gehört zu der unaufgeregten Sorte Parlamentarier. Vorstösse kommen von dem Züri-Nördler – Huser wuchs in Schwamendingen auf, lebte kurz in Affoltern und seit über 40 Jahren in Seebach – vor allem dann, wenn es um die nördlichen Quartiere geht, zum Beispiel um eine schnellere Realisierung der Alterswohnungen auf dem Areal Thurgauerstrasse oder um den Drogenkonsum rund um den Marktplatz Oerlikon.

Bevor er 2022 in die parlamentarische Geschäftsleitung wechselte, sass Huser neun Jahre lang in der Spezialkommission Präsidial- sowie Schul- und Sportdepartement. Die Beschäftigung mit politischen Fragen im Schul-, aber auch Kinderbetreuungsbereich sei spannend gewesen, erzählt er: «Gerade im Schulbereich und Schulhausbau wurde in den letzten zehn Jahren weit über eine Milliarde ausgegeben, da ist es wichtig, mit zu entscheiden, wie diese Gelder eingesetzt werden.»

Er habe einen Blick für den sozialen Bereich und speziell auf Jugendliche, so Huser. In seinem Druckereibetrieb, den er in der zweiten Generation führt, betreue er seit 30 Jahren Lehrlinge. «Es macht Spass, sie zu begleiten und zu versuchen, ihnen noch etwas mitzugeben, das manche von Zuhause vielleicht nicht mitbekommen haben», sagt er: «Manchmal ist man da fast so etwas wie eine zweite Vaterfigur, sie können mit mir über Probleme reden, die sie Zuhause haben, und ich kann mir die Zeit für sie nehmen.»

Seine eigene Tochter hat selbst die Ausbildung zur Polygrafin gemacht und arbeitet als dritte Generation im Betrieb mit, nebst seiner Ehefrau und dem Schwiegersohn. Huser findet es wichtig, dass auch Menschen wie er im Rat vertreten sind, die aus dem dualen Bildungssystem kommen und nicht studiert haben. Der Präsident des Nord-Zürcher Gewerbevereins Wirtschaftsraum Zürich Nord sieht sich als Vertreter eines Gewerbes, das nicht nur aus Dienstleistungen besteht: «Auch produzierendes Gewerbe, das Lärm macht, sollte vor Ort und auf kurzen Wegen erreichbar sein. Ich denke da auch an die Anfahrtswege meiner Lehrlinge, das sollten nicht mehr als zehn Kilometer sein. Es ist wichtig, dass wir nicht zur Schlafstadt werden.»

Warum sind Sie Gemeinderat geworden?
Als Sohn eines Inhabers einer Druckerei, welcher mit der FDP sympathisierte, bin ich bürgerlich aufgewachsen. Dies hat mich seit meiner Jugendzeit sehr geprägt. Doch es sollten noch beinahe 30 Jahre vergehen bis ich mich 2008 entschloss der FDP Kreis 11 beizutreten. 2010 habe ich mich dann als Kandidat für die Wahlen zur Verfügung gestellt und konnte im Jahr 2013 in den Gemeinderat nachrücken.

Mit welche:r Ratskolleg:in der Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?
Diesbezüglich bin ich sehr offen, so könnte ich wohl mit allen Gemeinderätinnen und Gemeinderäten ein Bier trinken gehen.

Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?
Dass eine der grossen Hauptattraktionen des «Züri Fäschts 2023», die Flugshows, mit 59 zu 55 Stimmen im Gemeinderat verboten wurde. Dies, obwohl der CO2 -Ausstoss nur 0,2 Prozent des gesamten Festanlasses ausmacht.

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