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17. September 2018 um 10:16

Die Papi-Kolumne: Wir sind schwanger?

Vater zu werden und zu sein, ist ein Abenteuer. Antoine Schnegg nennt sich zwar nicht Experte im Gebiet, Vater ist er trotzdem geworden. Dieses Mal erzählt die Papi-Kolumne davon, dass zwar Väter nicht gebären können, aber dennoch an einer Schwangerschaft teilnehmen. Beispielsweise, indem sie der Partnerin zur Seite stehen, der Bürokratie entgegentreten und an Apéros für zwei trinken.

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Es kommt vor, dass einem die frohe Botschaft mit dem Ausdruck «wir sind schwanger» mitgeteilt wird. Hierfür habe ich überhaupt kein Verständnis. Und wäre ich eine Frau, würde ich mich über diese Anmassung furchtbar aufregen. Schliesslich macht der männliche Körper während der Schwangerschaft keine einzige Veränderung durch. Und falls wir neun Monate lang einen Riesenbauch vor uns hertragen würden, müssten wir lediglich unseren Bierkonsum hinterfragen. Obwohl wirklich nur die Frau schwanger ist und schwanger werden kann, können werdende Väter dennoch einiges machen, um die Mütter ihrer Kinder zu unterstützen.

Die ersten zwölf Wochen: Trinken für zwei

Ich werde den Moment nie vergessen, als mir meine Partnerin offenbarte, dass wir ein Kind kriegen: Es war werktags, wir mussten beide arbeiten gehen. Sie war schon im Bad, ich lag faul im Bett. Als sie zurück ins Bett gekrochen kam, freute ich mich schon auf das, was womöglich folgen würde. In diesem Moment flüsterte sie mir ins Ohr, dass wir ein Kind kriegen. Da stand kurz alles still und kurz darauf machte sich eine unglaubliche Freude in mir breit. Wir umarmten uns sehr lange und kamen beide verspätet zur Arbeit.

Als Erstes kann sich ein werdender Vater langsam daran gewöhnen, Zeit nur noch in Wochen zu messen. Diese hochkomplexe mathematische Herausforderung (Spoiler: eine Schwangerschaft dauert übrigens um die 40 Wochen, also etwas mehr als neun Monate) zieht sich nach der Schwangerschaft fort, bis etwa zum neunten Lebensmonat des Kindes. L. wird nun zwei, diese Angabe ist mittlerweile präzise genug.

Während den ersten zwölf Wochen ist die Häufigkeit einer Fehlgeburt am höchsten, weshalb werdende Eltern in dieser Zeit noch nicht gross herumposaunen, dass Nachwuchs auf dem Weg ist. Wir haben das auch so gehandhabt. So kam es vor, dass ich hin und wieder unauffällig ihre Drinks austrinken musste, wenn wir irgendwo eingeladen waren. Ich war während den ersten zwölf Schwangerschaftswochen oft ziemlich blau.

Die Wochen danach: 135 Franken, damit der Staat mein Kind anerkennt

Mit dem Ende der 12. Woche kommt endlich der Zeitpunkt, an welchem man es der ganzen Welt sagen kann. Ich war damals stolz wie ein Pfau, der sein Disco-Rad schwingt. Endlich konnte ich meine Freude mit der Welt teilen!

Nun fängt auch die Schwangerschaft an aufzufallen, der Körper meiner Partnerin veränderte sich merklich. Dies ist der Zeitpunkt, an welchem sich nun werdende Väter vermehrt engagieren und werdende Mütter in der Hektik des Alltags unterstützen können: Ich bin ziemlich genau dann beruflich für vier Monate nach Nordamerika abgehauen und habe meine Partnerin alleine zurückgelassen.

Dass ich die Mutter meines Kindes während eines Grossteils der Schwangerschaft alleine gelassen habe, wurmt mich immer noch. Manchmal mache ich mir deswegen auch Vorwürfe. Mein Aufenthalt war schon lange geplant und meine Partnerin hatte mir ihr Einverständnis gegeben, die Leinen loszulegen. Rückblickend kann man sagen, dass Sie weniger alleine war als ich und wir dank eines grossartigen Netzwerks an Freunden und Familie viel Unterstützung bekamen. Skype und Facetime haben natürlich auch geholfen. So blieb ich über das beeindruckende Bauchwachstum stets unterrichtet.

Bei meiner Rückkehr versuchte ich, möglichst aufzuholen, und beschäftigte mich mit dem Einrichten des Kinderzimmers, dem bürokratischen Aufwand (Spoiler 2: als unverheirateter Vater ein Kind anerkennen, kostet auf dem Zivilstandsamt der Stadt Zürich CHF 135.-), der Anschaffung nützlicher und weniger nützlicher Gegenstände (I‘m talking to you, Schoppenwärmer) und dem Besuch eines Geburtsvorbereitungskurses.

Meiner Partnerin in der Achterbahn und ich daneben

Väter sollen die Mütter ihrer Kinder dort unterstützen, wo sie können. Was Mütter in dieser Zeit durchmachen, können wir uns nicht vorstellen. Zunächst sieht sich eine Frau mit einer radikalen Veränderung ihres Körpers konfrontiert, ihr Hormonhaushalt fährt Achterbahn und plötzlich wird sie nur noch auf ihren dicken Bauch reduziert. Psychisch ist die Situation nicht viel rosiger, Mutterwerden hat einen erheblichen Einfluss auf sämtliche Aspekte des Lebens einer Frau. Ich werde meiner Partnerin mein Leben lang dafür dankbar sein, dass sie L. ausgetragen hat. Ich hätte das niemals so souverän hingekriegt.

Unaufhaltsam näherte sich der Geburtstermin und ich hatte mich psychisch mit dem Vaterwerden abgefunden. Mental fühlte ich mich wie ein Fels und vorbereitet auf das, was kommen würde. Ich hatte mir sehr fest vorgenommen eine wichtige Rolle bei der Geburt von L. zu spielen. Wie habe ich mich geirrt. Dass mich nichts auf das, was kam, hätte vorbereiten können, erfahrt ihr jedoch in einer weiteren Papi-Kolumne.

Titelbild: Unsplash

Antoine Schnegg
Antoine Schnegg ist 34 Jahre alt und arbeitet als Bürogummi in Zürich. Mit seiner Partnerin und seinem Sohn, der 2017 auf die Welt kam, wohnt er in Wipkingen. Beide Elternteile arbeiten 80-Stellenprozent. Für Tsüri.ch berichtet er als freier Kolumnist aus seinem Leben als Familienvater.
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