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17. Oktober 2016 um 07:42

Das Museum, das nach Verwesung riecht – Ein Besuch in der Welt der Gerüche

Wie riecht Liebe? Wie riecht der Tod? Und wieso lösen gewisse Gerüche starke Erinnerungen aus, ohne dass man den Geruch in Worte fassen oder gar beschreiben kann? Für die Beantwortung dieser Fragen machte ich mich auf den Weg ins «Kulturama – Museum des Menschen», das momentan mit der Sonderausstellung «Schnuppernase – eine Ausstellung in 100 Gerüchen» zur interaktiven Reise durch die Geruchswelt lädt.

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«Die Seele aller Wesen ist ihr Duft.» Dieses Zitat und die gruselige Vorstellung von Frauenleichen, die aufgedunsen in übergrossen Bottichen schwimmen, verfolgt mich, noch bevor ich über die Schwelle des Kulturamas an der Engschlisviertelstrasse trete. Und genau dieses Zitat von Patrick Süskind aus dem Roman «Das Parfum» prangt auch an der Eingangswand der Sonderausstellung (zum Glück minus der konservierten Frauenleichen).

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Der Ausstellungsraum erscheint sehr hell und ich werde von Kinderstimmen begrüsst. So sind auch die meisten Geruchsproben auf einer eher unangenehmen Höhe angebracht, sodass man sich entweder fast einen Rückenschaden holt oder sich eher kinderungerecht bücken muss, um daran zu riechen. Die Ausstellung ist aber alles andere als nur für Kinder, habe ich doch einiges über meine Nase und meinen Geruchssinn gelernt, das ich vorher nicht wusste (oder vielleicht verdrängt hatte?).

Männlein vs. Weiblein

Angefangen beim Geschlecht: Frauen sollen angeblich einen besseren Geruchssinn haben als Männer. Diese Theorie wurde jedoch im Handumdrehen von meiner Begleitung widerlegt, die auch nur den Hauch eines Geruchs sofort dem richtigen Kraut oder Gewürz zuordnete. Währenddessen ich nur dastand und mir zur Abwechslung und Entspannung meiner Nase ein bisschen frische Luft wünschte. Meine Geruchsartikulations-Probleme wurden mir aber kurz später erklärt: Das Phänomen, dass man zwar einen Geruch wiedererkennt, ihn aber weder beschreiben noch benennen kann, hat einen sehr spezifischen Grund. Es gibt nämlich so gut wie keine Nervenverbindung zwischen dem Geruchssinn und dem Sprachenzentrum.

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Die von Deodorant dominierte Gesellschaft

Auch über die Entwicklung des Geruchs und der Wahrnehmung von Düften in unserer Gesellschaft lernt man einiges. So dachte man beispielsweise zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert, als die Pest die Menschen heimsuchte, dass man sich lediglich mit guten und wohlriechenden Düften umgeben muss, um sich vor Infektionen zu schützen. Mit der Industrialisierung spielte auch die Hygiene eine immer stärkere Rolle. Heute entscheidet kaum mehr die Nase, sondern primär das Auge über gut oder böse. Die Düfte einer Frau, eines Heiligen, der Armut oder der Krankheit verloren sich zunehmend in der Stille der Geruchlosigkeit in einem künstlichen, von Deodorant dominierten Umfeld.

Die 100 Gerüche der Ausstellung sind nicht immer wohlriechend. Im Gegenteil, neben dem klassischen Pfefferminz-Erdbeere-Rosmarin-Eukalyptus-Geschwader wird man auch mit dem Duft von Mottenkugeln, Scheidenpilz oder Angstschweiss konfrontiert. Das führte meistens zu lautem Aufschreien und einem fünf Meter Sprint zum nächstgelegenen Fenster. Alles in allem ist die Ausstellung einen Besuch wert. Spielt Nase und Geruchssinn meistens eine Nebenrolle in unseren alltäglichen Aktivitäten, kann sie im Kulturama einmal zum Protagonisten werden.

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