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21. August 2016 um 20:00

Autofahrer sind Egoisten

Unsere Stadt ist wunderbar. Doch auch im Paradies gibt es hin und wieder Störenfriede. Ein Kommentar.

Ich liebe das Stadtleben. Keine Frage. Ich liebe die vielen Bars, die vielen Menschen, meine Nachbarn, die mich ärgern, den Kindergarten mit den schreienden Baby-Menschen, die alkoholisierten Greise, welche sich im Bus neben einen setzen. Ich liebe den Schmutz, die Grafitis, aber auch die gepflegten Parkanlagen. Ich liebe das volle Packet. Doch dann sitzt man in einem Restaurant an einer Strasse und quatscht und tratscht mit seinen Freunde und es geschieht – erneut. Man hört es schon von Weitem. Laute Bässe künden es an. Ein überteuerter Sportwagen lenkt um die Ecke ein, der Motor heult kurz auf und beschleunigt in Millisekunden auf 80 Kilometer pro Stunde, nur um nach 100 Meter wieder auf die Bremse zu treten. Mein Puls steigt ins Unermessliche. Ich knurre, wie ein wütender Hund. Manchmal zeige ich den Finger, doch das kümmert niemanden.

Und dies ist nur die Spitze des Eisbergs. Dieser Moment der Beschleunigung ist deshalb interessant, weil der Fahrer in jenem Moment seinen wahren Charakter zeigt. In diesen Sekunden wird offenbart, wie der Showman über den Rest der Menschheit denkt. Er steht über allem. Er nimmt in Kauf, dass sich jeder gestört fühlt, dass er jemanden umrasen könnte, dass sein Statussymbol wichtiger ist als Muttererde. In jenem Moment ist ihm nichts wichtiger als sein Vergnügen, seine Show. Und damit stellt er seine Freiheit über die der anderen.

Wer Auto fährt, ist ein Idiot
Zugegeben, diese Idioten sind glücklicherweise eine Rarität. Doch gesteht man sich ein, dass das Autofahren vor allem in der Stadt Zürich ganz im Allgemeinen ein Privileg darstellt, gibt es verdammt viele Idioten. Idioten, die zu faul sind, mit dem Zug in die Stadt zu kommen, mit dem Tram einzukaufen, ins Kino, Theater, ans Fussballspiel zu gehen. Jede dieser Handlungen ist auf eine tiefe Faulheit und Bequemlichkeit zurück zu führen. Und (!) dass man sein eigenes Vergnügen, seine eigenen Bequemlichkeit, seine Freiheit wichtiger nimmt als alle anderen Menschen im unmittelbaren Umfeld.

Dies gilt für Menschen, die einfach mal zum Spass ein wenig durch die City düsen, die sich von ihrem verdammten Offroader in den Coop kutschieren lassen, aber auch für jene die mit ihrem kleinen, achso platzsparenden, Smart zur Arbeit fahren. Ich sehe ein, dass es für gewisse Menschen keinen anderen Ausweg gibt, als das Auto, das Taxi oder gar den LKW zu benutzen, namentlich Menschen mit körperlichen Behinderung, fortgeschrittenen Alters oder Fahrten für die Anlieferung. Sie alleine sind es, die meiner Meinung nach ein gutes Recht haben, am motorisierten Individualverkehr teilzunehmen.

Motorradfahrer sind die Schlimmsten
Den Teufel sieht meine Wenigkeit im Motorradfahrer. Vor allem, wenn er dieses zugegeben schöne Gefährt im Alltag gebraucht. Ich habe das Pech, an einer Ecke zu wohnen, an der gleich drei dieser Typen wohnen. Ich habe Verständnis fürs Töfffahren, ich verstehe den Reiz. Doch wenn das ganze Quartier jedes Mal aufschreckt, wenn ein Motorradfahrer zur Arbeit fährt oder Nachhause kommt, dann endet mein Verständnis. Zumal einer meiner lieben Nachbarn zu Unzeiten wegfährt. Er kommt um 11 Uhr nachts und geht um 4 Uhr morgens wieder (?!). Dazu scheint es unmöglich zu sein, ein Motorrad normal zu starten und zu beschleunigen. Es muss immer laut sein. IMMER! Wenn Autofahrer einfach bequem sind, dann sind Motorradfahrer die asozialsten aller motorisierten Individualverkehrsteilnehmer.

Und dabei will ich mich alles andere als gegen Lärm aussprechen. Es ist mir bewusst, dass das Zusammenleben in einer Stadt laut sein kann und zum Teil auch sein muss. Denn es gibt auch Lärm der Freude bereiten kann, der Ausdruck von Lebensfreude ist. Ein Motorrad will jedoch nichts weiter als Inszenieren und Ärgern. Es ist unnötiger Lärm. Es wäre etwa dasselbe, wie wenn ich mir einen neuen Fernseher mit fettem Surroundsystem gekauft hätte. Nun steckte ich mir Ohropax rein, um das Volumen aufdrehen zu können. Das ganze Haus würde erzittern und jeder könnte schön hören, was ich mir gerade anschaue. Es ist ganz einfach stupide. Wer macht das schon? Narzisstische Idioten. Und wer fährt Töff? Gebt euch die Antwort selbst.

Man bedenke, dass heute auch elektrische Motorräder erhältlich sind, welche kaum noch zu hören sind. Ich bin gerade neulich fast von einem Pizzakurier auf einem Electroroller überfahren worden, weil ich mich nicht umgeschaut habe. Nun versteht sich ja von selbst, dass jenes Electro-Imitat kaum etwas ist für den wahren Töfffahrer, weil zu wenig laut, zu wenig männlich, zu wenig auffallend. Es ist wie ein beschnittenes Statussymbol. Lächerlich natürlich.

Das alles ist für euch, liebe Autofahrer

Utopia Autofrei
An diesem Punkt fragt der Kritiker richtigerweise, ob mit derart Gerede denn nicht ich die Freiheit meiner lieben Artgenossen, die am motorisierten Individualverkehr teilnehmen, einschränke. Ein lautes, resolutes NEIN! Man stelle sich eine Stadt ohne Autoverkehr vor. Die geteerten Strassen würden zu kleinen Fahrradstreifen schrumpfen. Grüne Wiesen zwischen Gebäudereihen und am Seeufer Fussgängerzonen, so weit das Auge reicht. Ein Fussballspiel auf dem Manessenplatz, Kinder spielen überall, Picknicken, wo auch immer man will. Es wäre ein Traum. Dies alles bleibt uns verwehrt durch den Egoismus weniger. Unser ganzes Leben, unser gesamtes Siedlungsgebiet ist darauf ausgerichtet, die Faulheit und den Egoismus zu stärken, wobei der Fussgänger, der eine Mehrheit in dieser Stadt ausmacht, immer wieder auf der Strecke bleibt. Ein Kind lernt als Allererstes, nicht über die Strasse zu rennen, weil es in eine Welt geboren wurde, in der das Auto wichtiger ist, als der Mensch. Dies bloss, weil einige zu faul sind, das Tram zu nehmen. Meiner Meinung nach absurd.

Schaut man sich das Siedlungsgebiet von heute an, erkennt man, wie hoch der motorisierte Individualverkehr gewichtet wird. In der Agglo und auf dem Land ist es noch viel extremer. Alles ist aufs Auto ausgerichtet. Doch gerade in der Stadt hätte man die Infrastruktur und die Dichte, um auf den eigenen Motor zu verzichten und stattdessen aufs Fahrrad oder den öffentlichen Verkehr umzusteigen. Viele vergessen, dass Autofahren nicht nur eine Frage des Geldes ist, viel eher ist Nichtautofahren eine Frage des Respekts. Respekt gegenüber der Umwelt, den Nachbarn, den Kindern, den Menschen, die hier leben. Autofahren in Zürich ist ohnehin unnötig. Also lasst es. Seid solidarisch mit eurer Stadt und nutzt den ÖV oder das Fahrrad. Damit die Stadt wieder für Menschen gebaut werden kann und nicht fürs Auto.

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