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Von Dominik Wolfinger

Redaktor

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11. August 2015 um 07:01

Alles, was du schon immer über Abfall wissen wolltest

Interview mit Leta Filli – Entsorgung und Recycling Zürich

Zürich ist eine saubere Stadt. Wer eine Bananenschale zu Boden wirft, wird darauf hingewiesen, er habe etwas verloren – soweit das Klischee. Entsorgung und Recycling Zürich (ERZ) kümmert sich nicht nur um die Sauberkeit in Zürichs Strassen, sie bekämpfen auch die illegale Entsorgung. Ich wollte die Abfall-Kontrolleure – im Volksmund auch Güselpolizisten genannt – bei ihrer alltäglichen Arbeit begleiten, um eine Reportage zu schreiben. Meine Anfrage wurde umgehend abgelehnt; die Kontrolleure wollen nichts mit den Medien zu tun haben. Weiter verwiesen wurde ich an Leta Filli, die Leiterin Dienstleistungsbereich Kommunikation ERZ. Sie stand mir Red und Antwort.

Frau Filli. Weshalb darf ich den Kontrolleuren beim Einsatz nicht über die Schulter schauen? Unsere Kontrolleure wollen nicht porträtiert werden. Sie sind nicht der erste Reporter, der sich meldet; es ist ein Entscheid der Kontrolleure, nicht in den Medien zu erscheinen.

Verständlich. Dann fangen wir mal vorne an: Was passiert, sobald ich den Züri-Sack in den Container werfe? Der Züri-Sack Container wird wöchentlich geleert. Darauf fahren die Züri-Säcke ins Kehrichtheizkraftwerk Hagenholz und werden im Ofen verbrannt.
Aus dem Geschäftsbericht 2014: Pro Jahr gibt es 2’002’583 Container-Leerungen.
Das bedeutet, der Inhalt des Sacks selbst unterläuft keiner Trennung? Richtig. In der Schweiz gilt das Verursacherprinzip. Die Person, die den Abfall verursacht, zahlt für die Entsorgung und ist für die Wiederverwertung selbst verantwortlich.

Es hat also keine Konsequenzen, wenn ich zum Beispiel Batterien in den Züri-Sack tue? Die Konsequenzen sind, dass die Wertstoffe verloren gehen. Gebüsst werden Sie aber dafür nicht. Sie sollten recyceln, weil es die Umwelt schont und günstiger ist. Wenn Sie alles (Papier, Dosen, etc.) immer in den Züri-Sack werfen, müssen Sie mehr Säcke kaufen.
Pro Jahr produziert jeder Einwohner 177 kg Hauskehricht.
Warum gibt es kein Trennsystem? Maschinell ist das nicht möglich, also müsste der Abfall von Menschenhand getrennt werden. Was wiederum enorme Kosten verursachen würde, das möchte niemand zahlen.

Ein Züri-Sack (35 l) kostet mich 1.70 Franken. Mit dem Geld bezahle ich was genau? Sie bezahlen die wöchentliche Abholung. Zusätzlich zahlt jede Wohnung in Zürich 80 Franken im Jahr. Mit dieser Gebühr wird die Infrastruktur des Kehrichtheizkraftwerks bezahlt.
Pro Jahr werden 11 166 465 Züri-Säcke verkauft.
Angenommen, ich werfe meinen Abfall in den Container aber er ist nicht in einem Züri-Sack. Was passiert dann? Ihr Abfall wird trotzdem mitgenommen. Wenn Sie das regelmässig machen wird unser Kontrolldienst ihren Abfall untersuchen. Wenn wir Sie als Person identifizieren können, bekommen Sie Post von uns. Darin werden wir Sie informieren, wie Sie ihren Abfall richtig entsorgen sollen. Es kann auch zu einer Busse kommen.

Sind also permanent Leute im Einsatz, die meinen Abfall durchsuchen? Als erstes sehen es die Mitarbeiter, die den Abfall sammeln – unsere Lader. Sie werden es dem Kontrolldienst melden. Und ja, unser Kontrolldienst untersucht täglich den Abfall.

Nur im Container? Nein, auch bei Wertstoffsammelstellen oder auch auf der Strasse.

Ab wann handelt es sich um illegale Entsorgung? Sobald Sie keinen Züri-Sack verwenden oder den Abfall auf der Strasse deponieren, auch wenn er in einem Züri-Sack ist.

Wie genau sieht denn die Arbeit der Kontrolleure aus? Wenn Abfall nicht in einem Züri-Sack ist, wird dieser durchsucht und Indizien, die zur Identifizierung der Person führen können, werden gesammelt. Alles in Zusammenarbeit mit der Polizei, die dann eine Anzeige machen kann.

Wie viel Prozent der Zürcher entsorgen illegal? Wir gehen davon aus, dass 3% der Bewohner illegal entsorgen. Davon werden 15 bis 20% angezeigt.

Und wenn ich meinen Abfall im öffentlichen Kübel entsorge? Ist auch illegal. Kann auch durchsucht werden und Sie könnten ebenfalls identifiziert werden.

Ist das nicht eine Verletzung meiner Privatsphäre? Nein, es ist nicht mehr Ihr Eigentum. Sobald Sie den Abfall entsorgen ist es Eigentum von ERZ. Sie haben dann kein Recht mehr darauf. Sie müssen sogar laut Gesetz ihren Abfall dem ERZ übergeben.

Stimmt es, dass ich mich auch strafbar mache, wenn ich meinen Abfall, sagen wir Papier, zu früh raustelle? Ja, das ist auch illegal. Sie müssen es am Tag der Abholung rausstellen – vor sieben Uhr morgens. Nur im Container dürfen sie ihren Abfall entsorgen, wann Sie wollen.

Vor sieben Uhr? Ganz ehrlich, ich bin noch nie vor sieben Uhr aufgestanden, um mein Papier rauszubringen. Bei mir kommt der Entsorgungswagen so um elf Uhr. Das kann sein. Sie sollten es dennoch vor sieben Uhr rausstellen. Vielleicht ändert sich die Tour und Ihr Papier wird um acht Uhr abgeholt.

Als ich nach Zürich kam, habe ich mein Papier in einer Papiertasche verstaut und diese am Tag der Abholung rausgestellt. Kurz darauf wurde ich ermahnt mein Papier zu bündeln. Warum muss ich mein Papier als Geschenk verpacken? Diese Tragtaschen sind imprägniert, das heisst wir können sie nicht recyceln. Solche Taschen gehören in den Hauskehricht.

Und warum muss ich Papier und Karton trennen? Wegen dem Preis. Papier ist wertvoller als Karton im Stoffkreislauf. Wir arbeiten eng mit den Papierfabriken zusammen und können sehr viel Papier sammeln, sodass sich eine getrennte Sammlung lohnt. Vor allem werden Zeitungen aus dem rezyklierten Papier gedruckt.
Pro Jahr wird 17’754 Tonnen Papier und 5506 Tonnen Karton gesammelt.
Aha. Und wenn ich nun mein Papier mit Karton mische oder es in eine Tragetasche packe? Falls es überhaupt mitgenommen wird, wird es garantiert verbrannt.

Zu was anderem. Warum gibt es so wenig Abfalleimer in der Stadt? Wir haben fast 4000 Abfalleimer in der Stadt. Dazu prüfen wir regelmässig die Personenströme in den Strassen und schauen, wie sauber es ist. Falls es ein Bedürfnis für mehr Kübel gibt, stellen wir mehr auf. Eine weniger genutzte Strasse hat garantiert weniger Abfalleimer. Wir haben auch multifunktionale Eimer – zusätzlich mit Aschenbecher oder Hundekotsäcke.

Während dieses heissen Sommers sind die Container der Wipkingerwiese ständig überfüllt. Tun sie etwas dagegen? Die Leute sind länger im öffentlichen Raum, wegen der Hitze. Das wird sich wieder ändern. Die momentane Strömung ist überdurchschnittlich hoch. Sonst hat es dort genug Entsorgungsmöglichkeiten. Es werden auch zusätzliche Kübel aufgestellt.

Am Hauptbahnhof gibt es kleine Reclyclingstationen. Wieso gibt es diese nicht häufiger? Der Hauptbahnhof gehört der SBB und nicht der Stadt, sprich es ist kein öffentlicher Raum. Selbst um die Entsorgung kümmert sich die SBB.

Verstehe. Aber wieso gibt es diese Recyclingstationen sonst nicht in der Stadt? Nehmen wir doch wieder das Beispiel Wipkingerwiese. Wegen der Bewirtschaftung. Damit man Stoffe rezyklieren kann, müssen die Stoffe sehr sauber sein und frei von anderen Wertstoffen. Wenn man solche Stationen bauen würde, bräuchte man wieder enorm viele Angestellte, welche diese Stationen verwalten und die Stoffe, die vermischt wurden, wieder trennen.

Warum gibt es keine Abfalleimer in den Trams? Das hat der VBZ so entschieden.




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Viele Leute werfen ihren Abfall gerne auf die Strasse mit der Begründung: «Es wird ja sowieso am nächsten Tag geputzt.» Was meinen Sie dazu? Die Leute zahlen Steuern für die Reinigung. Wir haben drei Säulen, damit die Sauberkeit hoch bleibt. Erstens: Die Reinigung des öffentlichen Raumes­ ­– von vier Uhr morgens bis zehn Uhr abends. Das erhöht die Hemmschwelle. Zweitens: Es gibt genügend Abfallbehälter. Drittens: Es wird in Prävention investiert. In Schulen wird ein verantwortungsvoller Umgang mit Abfall unterrichtet. Der Grossteil der Leute macht es richtig und die sollen auch nicht bestraft werden.

Wird jede Strasse in der Stadt gereinigt? Ja, mit dem Putzwagen wird jede öffentliche Strasse gereinigt. Privatstrassen nur, wenn es einen Auftrag gibt.

Mit welcher Frequenz? Nicht jede Strasse wird gleich gereinigt. Die Bahnhofstrasse wird zweimal pro Tag geputzt; eine Quartierstrasse möglicherweise alle 10 Tage.

Soll denn die Bahnhofstrasse sauberer sein als andere Strassen, weil sie dem Konsum dient? Nein. Es liegt einfach am Aufwand. Es bewegen sich dort mehr Menschen, ergo muss sie mehr geputzt werden. Die Sauberkeit soll in der ganzen Stadt hoch sein.
Das Wischgut sämtlicher öffentlichen Grund pro Jahr beträgt 9208 Tonnen.
Gibt es sonst noch spezielle Reinigungen? Ja, es gibt die Limmatreinigung und die Seeputzete. Abwechselnd wird das untere Seebecken oder die Limmat von Abfall gesäubert. In Zusammenarbeit mit der Wasserpolizei und Tauchvereinen.
Bei der letzten Limmatreinigung wurden über zwei Tonnen Abfall geborgen.
Und wer putzt den Wald? Darum kümmert sich die Grünstadt Zürich. Meist sammeln sie Abfall im Wald mit Schulklassen.

Wie viel vom Züricher Abfall wird wiederverwertet? Alles. Der verbrannte Hauskehricht produziert Strom und Wärme. Wertstoffe wie Papier, Karton, Glas, Konserven, Öl, Textilien etc. die getrennt werden, werden wiederverwertet. Das sind etwa 43% vom gesamt Abfall. Das ist ein sehr hoher Wert.

Was passiert, wenn ich alte Möbel auf die Strasse stelle und niemand nimmt diese mit? Sie sollten alles anschreiben mit «gratis zum mitnehmen». Wenn es nach drei Tagen noch da steht, müssen Sie es entsorgen, sonst handelt es sich um illegale Entsorgung.

Das ist dann Sperrgut. Könnte ich Sie beauftragen, mein altes Sofa, das niemand will, zu entsorgen? Ja, können Sie. Wir holen es dann ab. Das ist allerdings kostenpflichtig.

Wieso gibt es bei den Sammelstellen kein PET? PET ist privatrechtlich organisiert durch den Verein«PET-Recycling Schweiz». Es gibt in Zürich über 3000 Orte, wo Sie PET zurückbringen können – an allen Verkaufsorten. Die ganze Entsorgung läuft unabhängig von staatlichen Stellen.

Und was ist mit Batterien und Elektrogeräte? Alles privat. Wir in der Stadt Zürich sammeln Papier, Karton, Öl, Glas, Bio-Abfall, Metall, Textilien. Das ist ein breites Angebot.

Und zum Schluss der Klassiker: Ein bisschen Glas im Abfall ist gut. Das ist ein Ammenmärchen. Glas verbrennt nicht und stört im Ofen. Sie sollten kein Glas in den Hauskehricht tun.




Passend zum Thema: Können ein paar Vitamine so viel Müll produzieren? 




 

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