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Von Ann Mbuti

Journalistin

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8. Oktober 2020 um 04:00

African Fashion Night: «Wir wollen das neue Afrika zeigen!»

Wie politisch ist Mode? Was kann sie uns zeigen, was kann sie auslösen? Antworten gibt es im Gespräch mit den Macher*innen der African Fashion Night, welche an diesem Wochenende zum dritten Mal in Zürich stattfindet.

Mood image for African Fashion Night: «Wir wollen das neue Afrika zeigen!»

Die beiden Organisator*innen der AFN: Olivia James und Balaram Furrer (Fotos: Rob Fury Photography)

Wer sich mit Mode beschäftigt, weiss, dass es um sehr viel mehr als um Äusserlichkeiten geht. Ihre politische Dimension ist spätestens deutlich geworden, seit ausbeuterische Arbeitsbedingungen und der negative Umwelteinfluss der Fast Fashion Industrie öffentlich diskutiert werden. Mode ist ein mächtiger Wirtschaftszweig und gleichzeitig kreatives Gut mit Raum für Repräsentation und Ausdruck. So holte der Fashion-Gigant H&M die südafrikanische Designerin Palesa Mokubung 2019 mit der Kollaboration auf das Tapet der westlich geprägten Branche.

Es war die erste Designerin aus Afrika, mit welcher der Konzern zusammenarbeitete. Noch immer haben die global tonangebenden Modehäuser ihren Sitz hauptsächlich in Europa und den USA, doch in der Branche rumort es. Vermehrt erkämpfen sich kleine Labels Zugang zum Markt und die «Grossen» lassen sich gerne vom frischen Wind inspirieren. Ein wichtiger Schritt, denn nicht zuletzt spiegelt sich die kulturelle Tradition in Kleidungsstücken wider und erweitert unseren Blick über den Tellerrand des Etablierten.

Ein ähnliches Ziel verfolgt die African Fashion Night in Zürich. Bereits zum dritten Mal findet sie kommendes Wochenende im Zürcher Club HardOne statt. Gängige Klischees zum Kontinent sollen korrigiert werden, indem die afrikanische Kultur- und Designerszene in der Schweiz bekannter gemacht wird. Dazu laden die Organisator*innen junge Design-Talente aus der afrikanischen Diaspora ein. Im Fokus des Teams von Schweizer*innen mit Wurzeln in Ländern der Subsahara steht die Community.

Wir haben mit AFN-Gründerin Olivia James und Co-Gründer Balaram Furrer über den vielfältigen Event und die Möglichkeit von Mode die Welt zu verändern gesprochen.

Im Jahr 2018 bot HardOne die Plattform für den ersten afrikanischen Mode-Event in Zürich. Wie kam die Veranstaltung zustande?

Olivia: 2018 war die Gesellschaft bereit für so eine Art von Event, eine Nachfrage war da. Ich habe mich mit Leuten aus der Community zusammengeschlossen und gemeinsam haben wir dieses Konzept ins Leben gerufen. Diese afrikanische Community war gross genug, um das Projekt zu unterstützen. Auch was die Entwicklungen in den verschiedenen Ländern des Kontinents betrifft war die Zeit reif. Afrikanische Mode ist im Kommen und man sieht ihren Einfluss immer häufiger bei den grossen Designer*innen. Wenn Versace und Louis Vuitton sie bringen, können und sollten wir das genauso. Es gibt genug Talente , es fehlt einfach noch die entsprechende Plattform für die Präsentation. Daraus wuchs dann das erweiterte Konzept, welches viel mit Community Building zu tun hat und Leute zusammenbringt.

Das bildet sich auch im Angebot ab, richtig? Am Wochenende gibt es über die Fashion Show hinaus noch weitere Programmpunkte.

Balaram: Bei der diesjährigen Ausgabe gibt es Musik, einen Pop-Up-Markt, der am nächsten Tag mit veganem kenianischem Essen stattfinden wird, exklusivem afrikanischem Chili-Bier, Beauty-Produkten von afrikanischen Anbieter*innen und vielem mehr. All das gibt es bereits seit längerem, man kennt es in der Schweiz nur wenig, denn es mangelt an Auftrittsmöglichkeiten.

Die bekannten Stereotypen der Plakate von Hilfsorganisationen sind veraltet und falsch.

Olivia

An wen richtet sich der Event dann in erster Linie?

Olivia: Der Event ist keinesfalls ein Community Treffen. Die Community kennt ihre Kultur, Produkte und Mode bereits. Wir möchten Schweizerinnen und Schweizer – die Schweizerische Community sozusagen – einladen, die verschiedenen Kulturen im Land kennenzulernen. Jung und Alt, Fashionistas, Leute, die Unterhaltung am Wochenende suchen, es wird für alle etwas geboten. Es geht darum, das Image zu berichtigen und das neue Afrika zu zeigen. Die bekannten Stereotypen der Plakate von Hilfsorganisationen sind veraltet und falsch. Mit unserem kleinen Einblick in Afrika zeigen wir ein Gegenbild, in dem es so viele spannende Entwicklungen, Arbeiten, Talente gibt.

Community scheint das Zauberwort zu sein. Wen meint ihr damit?

Balaram: Hauptsächlich Leute aus der Diaspora, die mit Partnerinnen und Partnern aus Afrika zusammenarbeiten und ihre Produkte beispielsweise dort herstellen.

Olivia: Der Communitygedanke geht bis ins Detail. Auch unsere Crew wie z.B. Kameramänner und -Frauen, Make-Up-Artist, Hairdressers, DJs oder Designer*innen sind aus der Community.

Woran liegt es, dass die Community nicht automatisch stärker in der Öffentlichkeit wahrnehmbar ist?

Balaram: Die Community in Zürich ist sehr verstreut und nicht vereinigt. Es braucht immer einen Grund, einen Auslöser, sodass Leute sich zusammenfinden. Zuletzt war das bei den Demonstrationen für Black Lives Matter der Fall. Das war unglaublich, wie viele Leute für denselben Zweck zusammengekommen sind. Das letzte Mal davor war, etwas banaler, der Black Panther Film. Dann war überall von Wakanda und einer Gemeinschaft die Rede. Mit unseren Events versuchen wir einen solchen Auslöser zu bieten.

In anderen Städten klappt das besser, Paris beispielsweise hat eine starke afrikanische Diaspora-Community. Ist Zürich ein Sonderfall?

Olivia: Meiner Meinung nach ist das eine Mengenfrage. Die Anzahl an Menschen ist doch sehr gering. Vor 20 Jahren gab es fast keine Community, ich würde ungefähr 1000 Leute schätzen. Innerhalb dieser Zeit sind wir auf fast 200'000 gewachsen und kommen von überall her. Man darf nicht vergessen, dass Afrika aus 54 unterschiedlichen Kulturen, Regionen, Mentalitäten und Sprachen besteht. All diese Leute kommen zusammen und müssen sich auch untereinander erst zurechtfinden. Das ist komplexer als man meint, denn die Länder haben neben der kolonialen Identität noch jeweils ihre eigene.

Wenn man steuert, was getragen wird, ändert sich damit auch die Wahrnehmung der Leute.

Balaram

Wieso habt ihr euch dann trotzdem entschieden, eine African Fashion Night zu veranstalten?

Olivia: Die Idee ist, alle zu repräsentieren. Wir vereinen die Länder unter dem gemeinsamen Nenner «Fashion», denn das gibt es in jedem Land. Wir sind die Plattform für eine Auswahl von Designerinnen und Designern, nächstes Jahr sind es wieder andere.

Kann denn Fashion gesellschaftspolitisch wirksam sein? Kann sie die Welt verändern?

Olivia: Wenn man afrikanische Mode anschaut, erkennt man ihren Ursprung meistens. Wenn Leute die Sachen ganz selbstverständlich tragen – wie Zara und H&M es geschafft haben, als sie afrikanische Designer*innen an Bord geholt haben – öffnet sich das Tor. Das Stigma verschwindet und afrikanische Mode mischt ganz selbstverständlich in der internationalen Fashion mit. Das ist eine Art politisches Statement in Form von Fashion.

Balaram: Fashion ist sowieso immer ein Statement. Früher trug man im Hip Hop breite Hosen, zu Zeiten meines Vaters waren die Demonstrierenden im Anzug auf der Strasse. Das war eine mächtige Aussage. Malcolm X, Martin Luther King oder Muhammad Ali waren immer gut gekleidet. Der Zeitgeist ist heute ein anderer, aber auch jetzt trägt jede*r von uns jeden Tag Kleidung. Wenn man steuert, was getragen wird, ändert sich damit auch die Wahrnehmung der Leute. Das funktioniert auch als Zeichen an die Community, ihre Kultur wahrzunehmen und nach aussen zu repräsentieren. Es ist vielleicht nur ein kleiner Beitrag, aber hat viel mit Empowerment zu tun.

AFN ZÜRICH / 10. Oktober 2020
HardOne, Hardstrasse 260, 8005 Zürich

Türöffnung: 18.00 Uhr
Fashionshow: 19.00 Uhr
Designer Sales: 21.00 Uh

AFN POP-UP BOUTIQUE, 11.Oktober 2020
The LadyBoss Network
Förrlibuckstrasse 10, 8005 Zürich
13.00 bis 18.00 Uhr

Zur Webseite

Sichtbarkeit und Plattformen sind sehr wichtig, aber die Wirkung verhallt teilweise nach dem Event sehr schnell. Wie kann wirklich nachhaltige Förderung geschehen?

Balaram: Wir haben beide einen Wirtschaftshintergrund und haben uns entschieden, ihn entsprechend zu nutzen. Unsere Firma Bexolutions GmbH ist hauptsächlich darauf fokussiert, Marketing für kleinere Firmen und selbstständige Leute anzubieten. Wir helfen ihnen, ihren Zugang zum Markt zu finden, mit praktischen Werkzeugen und Elementen, die man dazu anwenden kann. Hilfe zur Selbsthilfe, sozusagen.

Olivia: Das ist sehr wichtig, denn man kann noch so talentiert sein, aber eine entsprechende Präsentation ist trotzdem ausschlaggebend. Es sind meist kleine Sachen: Wie man sich online oder fotografisch präsentiert. Wir bieten Mentorings an und betreuen junge Talente auf ihrem Weg, denn in der Community gibt es viel rohes Talent. Man muss nur hinschauen.

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