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Von Jenny Bargetzi

Praktikantin Redaktion

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5. Februar 2021 um 10:03

6 Perspektiven zu Geld – Das war die Pitch-Night

Die Pitch Night vom 3. Februar 2021 stand ganz im Fokus des Geldes. Tsüri.ch hat 6 spannende Speaker*innen ins KOSMOS eingeladen, die ihre Standpunkte zum Thema Geld präsentierten. Über den Livestream konnte die Debatte verfolgt werden. Die Pitch-Night zum Thema Geld über Armut, Traumverwirklichung, Verantwortung, Betreibungen und Aktien.

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Tsüri-Chefredaktor Simon Jacoby eröffnet die Debatte zum Fokusmonat im Februar. (Alle Fotos: Elio Donauer)

Pünktlich um 19 Uhr begann der Moderator Simon Jacoby mit den Ergebnissen der Tsüri-Umfrage zum Thema Geld. Auf den eigeblendeten Folien zu sehen war, dass die Mehrheit der Teilnehmenden zwischen 4’001 bis 5’000 Franken verdient. Das reiche definitiv aus zum Leben, sei aber nicht gerade viel, meint der Moderator. Vor allem in solch einer teuren Stadt wie Zürich. Bei der Frage, ob man sich mehr Geld oder Zeit wünschen würde, entschieden sich aber doch über zwei Drittel der Teilnehmenden für letzteres.

Es wäre möglich, würde man nur wollen

Den Anfang macht der Zürcher Stadtrat Raphael Golta. Auch er betonte erneut, dass Zürich eine wohlhabende Stadt sei. Viele Menschen würden in Zürich – trotz der hohen Preise – gut leben können. Es gebe aber auch die anderen Fälle. Diejenigen, die mit Tiefstlöhnen, knappen Mitteln und prekären Bedingungen konfrontiert seien, und das nicht nur in der Corona-Pandemie. Solche Sozialfälle würden mit ihren 1’200 Franken im Monat die Folgen noch stärker zu spüren bekommen. Spontane Treffen mit Freund*innen im Café würden sich als schwierig gestalten, zur Gesellschaft dazugehören ebenfalls. Noch schlechter stehe es um diejenigen, die gar keine Ansprüche auf Sozialhilfe hätten: Sans-Papiers, Menschen aus dem Asylbereich oder Menschen mit einer gefährdeten Aufenthaltsbewilligung. Diese sozialen Probleme seien keine Naturgewalt, meint Golta, sondern politisch so gewollt und darum auch veränderbar.

Als Lösungsansatz betont er darum den Ausbau sozialer Sicherungsnetze, wie beispielsweise eine Erhöhung der Sozialhilfe, eine veränderte Migrationsgesetzgebung und die Unterstützung der Menschen unabhängig ihres Aufenthaltsstatus. «Wenn er nur möchte, könnte der Bund einiges machen» betont Golta. Um solche Veränderungen in den Gesetzes- und Politikbereichen zu erreichen, nütze die Stadt Zürich ihren eigenen Spielraum aus, indem sie eigene Massnahmen zur Unterstützung der Menschen ergreife. Diese würden die Ermöglichung der Qualifikation von Menschen, Vergünstigungen für schwachverdienende Personen und die Unterstützung für Organisationen im Sozialbereich beinhalten.

Auf die Zuschauerfrage, wie er zum bedingungslosen Grundeinkommen stehe, möchte sich Golta nicht konkret äussern. Nur soviel, die Probleme würden durch ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht einfach gelöst werden, es bedürfe mehrerer Einzelmassnahmen, um die Gesamtsituation zu verbessern.

Mit Geld den Zusammenhang der Gesellschaft stärken

Anderer Meinung ist Ondine Riesen von Ting. Das bedingungslose Grundeinkommen löse viele Probleme. Ähnlich funktioniert nämlich die Community Ting. Dabei werde Geld in Menschen investiert, um die Gesellschaft beweglicher, proaktiver und innovativer zu machen, erklärt Riesen. Mitglieder können sich mit einem Beitrag von 5 Prozent ihres Einkommens gegenseitig unterstützen, um Projekte und Ideen zu verwirklichen. Sobald die Eingabe mit der beschriebenen Vorgabe bewilligt wird, erhalten diese Mitglieder 2’500 Franken im Monat für maximal sechs Monate. So würden wichtige Weiterentwicklungen, für die die eigene Lohnarbeit mangels Zeit oder Geld eben nicht ausreiche, unterstützt. Ein Zuschauer stellte über den Livestream die Frage, nach welchen Kriterien denn das Geld vergeben werden. «Man kann mit Tingbeiträgen keine neuen Schuhe kaufen, auf eine Weltreise oder einen Shoppingtrip gehen. Es müssen intrinsisch motivierte Projekte sein, das eigene Leben jetzt oder in Zukunft verbessern und gesellschaftlich relevant sein», so Riesen. Ting selbst entscheide aber nicht darüber, ob ein Antrag angenommen wird oder nicht. Hier gelte die Gewaltenteilung.

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Ondine Riesen spricht über die gesellschaftliche Veränderung und eine solidarische Zukunft.

Nachhaltig ist nicht gleich klimaverträglich

Von einer anderen Perspektive beleuchtete Larissa Marti das Thema Geld. Sie ist Finanz- und Klimaexpertin bei Greenpeace und fordert ein erhöhtes Verantwortungsbewusstsein der Banken in ihrem ökologischen Fussabdruck auf der Beratungs- und Finanzierungsseite. Das momentane Verantwortungsbewusstsein höre nämlich bei der Schwelle zu den Kund*innen auf. Es gehe nicht nur um die Treibhausgasemissionen einer Bank, sondern auch um die Emissionen von mitfinanzierten Krediten, wie die Finanzierung von Klimasünder*innen im Kohlebereich oder durch die Abholzung des Regenwaldes. Greenpeace fordert klar: «Unternehmen müssen bei der Umstellung von klimaschädlichen Aktivitäten zur klimaverträglicher Finanzierung durch die Banken unterstützt werden» sagt Marti, «auch mit echten nachhaltigen Klimaanlagen». Es bestehe zwar ein Trend bei nachhaltigen Anlagen, es sei aber wichtig zu verstehen, dass Nachhaltigkeit nicht mit Klimaverträglichkeit gleichzusetzen sei. Denn hier bestehe das Risiko von Greenwashing, dass mit Finanzprodukten positive Einflüsse auf Umwelt und Gesellschaft verspricht, aber nicht einhält. «Nur was auch wirklich klimaverträglich ist, kann nachhaltig sein. Denn nur was klimaverträglich ist, hat auch wirklich eine Zukunft.»

Greenpeace verlangt einen ausgedehnten ökologischen Fussabdruck mit echter Klimawirkung anstelle von Greenwashing. Der Finanzplatz müsse seine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft so verstehen, dass die ganze Geldvermittlung betrachtet werde. Ganz zum Schluss gab es dann doch noch ein paar Tipps von der Finanz- und Klimaexpertin: Genau hinschauen, sich mit dem Thema auseinandersetzen und für sich selbst ein Wertesystem entwickeln, ähnlich wie bei einem Produktekauf. Denn Banken, die Greenwashing betreiben würden, erkenne man bei kritischem Nachfragen schnell.

«Nur die Hände in den Schoss legen nützt nichts»

Grosse Firmen zu mehr Verantwortung bringen, möchte auch Karin Landolt von Actares. Das Unternehmen vertritt Aktionär*innen in Generalversammlungen und setzt sich dabei für nachhaltige Standards und Werte ein. Dabei stehen Aktionär*innen im direkten Dialog mit den Unternehmen und NGO’s und betreiben Öffentlichkeitsarbeit, weisen auf Falschaussagen hin oder geben Stimmrechtsempfehlungen an Aktienbesitzende ab. Auch Actares plädiert für mehr Konzernverantwortung in den Bereichen des Klimas oder bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen. «Wir stehen hinter der Marktwirtschaft, aber wir möchten erreichen, dass mit dem Geld auch Sinnvolles passiert. Denn wenn Kleinaktionäre und Kleinaktionärinnen nur die Hände in den Schoss legen, passiert erst recht nichts», stellt Landolt klar.

Darüber sprechen!

Ihn möchte wohl niemand im Arbeitseinsatz kennenlernen. Bruno Crestani arbeitet beim Betreibungsamt im Kreis 4 in Zürich. Seine sieben Minuten Redezeit begann er direkt mit harten Facts: Wer bereits im jungen Alter mit 25’000 Franken verschuldet ist, würde dies mit einem Durchschnittseinkommen noch das ganze Leben lang bleiben. Passieren könne dies jeder Person, sagt Crestani, schneller als man denke. Die Wichtigkeit des Themas wurde noch deutlicher, als Crestani aufzeigt, dass rund 20 Prozent der betriebenen Fälle im Kreis 4 zwischen 18 und 29 Jahre alt sind. Und obwohl Männer öfters betrieben werden als Frauen, sind die tatsächlichen Gründe für die Schuldenfalle unterschiedlich und durchmischt. Sei es durch Scheidung, Jobverlust, zu hohe Ausgaben oder Pandemien, es gibt laut Crestani verschiedene auslösende Situationen. Um all dies schon von Beginn an zu vermeiden, empfiehlt er den Jugendlohn ab 12 Jahren. Ebenso wichtig: darüber sprechen! Aus diesem Grund besucht die Schuldenprävention jährlich über 90 Zürcher Oberstufenklassen. Ziel sei es, mit den Schüler*innen einen Budgetplan zu erstellen und aufzuzeigen, was das Leben eigentlich kostet.

Was passiert aber, wenn der Lohn am Ende doch gepfändet wird? Der Notbedarf von 1’200 Franken für eine Einzelperson decke gerade einmal das Nötigste wie der Mietzins, der Krankenkassenbeitrag, Ausgaben für Lebensmittel- und Hygieneartikel. Zum Leben bleibe da nicht mehr viel. Auch für Familien sei es mit 1’700 Franken nicht einfacher. Nebst den finanziellen Folgen einer Lohnpfändung, würden sich auch gesundheitliche und psychische Probleme zeigen, sowie Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche, und nicht zuletzt auch gesellschaftliche Auswirkungen. Am Ende gab es auch hier noch ein letzter Tipp: «Setzen Sie alles daran, ihre Betreibung zu löschen.»

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Cristian von Angerer über die GameStop-Saga und wieso man Aktien nicht leerkaufen sollte.

Die moderne Geschichte von David gegen Goliath

Über Zoom wird schliesslich der letzte Gast, Cristian von Angerer von der Firma Yova, eingeblendet. Er erklärte auf eine einfache und ziemlich unterhaltsame Art und Weise, wie es kleinen Anleger*innen gelungen ist, die Aktienkurse von GameStop in die Höhe schiessen zu lassen, um die Hedgefonds in den Ruin zu treiben. Anhand von Affen und Schlangen zeigte von Angerer auf, wieso im GameStop-Fall die Retail-Investor*innen verloren haben, während die Hedge Fonds überwiegend Gewinne verzeichneten. Die Frage eines Zuschauers, ob das Short Selling auch gute Seiten habe, bejahte von Angerer. Obwohl es oft für Spekulationen verwendet werde, sei es im Prinzip ein Mechanismus, um die Markteffizienz aufrecht zu erhalten. Im Endeffekt reguliere es eine schlechte Aktie und somit den Markt.

Nach 1 Stunde und 16 Minuten verabschiedete sich Tsüri.ch von der spannenden zehnten Pitch-Night aus dem Kosmos. Die ganze Pitch-Night gibts hier zum Nachschauen.

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