20 Rollschuhe und 128 Biere – vom Roller Derby zum Bier Festival - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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Von Dominik Wolfinger

Redaktor

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23. April 2015 um 12:41

20 Rollschuhe und 128 Biere – vom Roller Derby zum Bier Festival

Wo Hotpants auf Biergläser treffen



 

Samstag, 18. April. Zwei besondere Anlässe hielten meine Vorfreude bereits seit Wochen hoch: Das Roller Derby der Zürich City RollerGirlz gegen die RocKArollers Karlsruhe und das 1. Zürich Bier Festival präsentiert von «ProBier».

Roller Derby

Meine erste Station: Die Tennisanlage Fronwald-Affoltern. Dort erwartete mich mein erstes Roller Derby. Über einen Flyer erfuhr ich zufällig von diesem Sport – meine Neugierde übernahm den Rest.

Ich betrat die Halle und passend zu «Ring of Fire» von Johnny Cash drehten die Spielerinnen der Zürich City RollerGirlz ihre Kreise auf einer ovalen Bahn und wärmten sich auf. Nicht im Geringsten hatte ich mich über diese Sportart informiert; alles was ich wusste: Es ist ein amerikanischer Vollkontaktsport für Frauen auf Rollschuhen.

Hard Rock und harte Namen Gut 30 Minuten bis zum Anpfiff. Genügend Zeit, um das Programmheft zu studieren und die Regeln zu verstehen. Ich verstand sie nicht und entschied, das Spiel durch den Spielverlauf zu begreifen. Langsam füllten sich die Tribünen mit Publikum – schätzungsweise etwas mehr als einhundert Zuschauer. Während sich die zwei Teams in der Arena aufstellten, bezogen auch die sieben Schiedsrichter (ebenfalls auf Rollschuhen) ihre Position in der Mitte der Bahn. Plötzlich dröhnte Hardrock aus den Lautsprechern. Ein Team fiel auf ein Knie, das andere begann Kreise zu ziehen und die Spielerinnen wurden mit ihren Spitznamen vorgestellt. Meine Favoriten der RollerGirlz: Sin Sister (Captain), Russian Roulette Babette und Miss Behaving. Bei den RocKArollers: Effi Biest (Captain), D.I.E. Mudda und Rolla die Waldfee. Bei den Schiedsrichtern: Eddy Awesome und Ghastly Giggler. Da Bad Wolf bereits von Karlsruhe besetzt ist, nenne ich mich eben Giddy Goose. Das Publikum jubelte und applaudierte – die RollerGirlz hatten einige treue Fans dabei.

[caption id="attachment_1916" align="alignnone" width="600"]Quelle: Facebook Quelle: Facebook[/caption]

Anpfiff Jeweils fünf Teammitgliedern stellten sich auf die Bahn. Der 1. Jamm wurde angepfiffen. 2 Minuten vergingen und ich hatte nicht die leiseste Ahnung was gerade passiert ist – aber Zürich führte mit 20 Punkten. Ohne Unterbrechung ging es weiter. Anpfiff, losrollen, sich rammen. Es dauerte noch einen oder zwei Jamms (zweiminütige Runden, danach können Spieler ausgetauscht werden)  bis ich mir den grundlegenden Teil der Regeln zusammenreimen konnte: Eine der fünf Spielrinnen ist die Jammerin; sie trägt einen Stern auf dem Helm und kann Punkte machen, in dem sie die Gegner überrundet. Die Gegner dürfen dabei blocken, rammen und so das Generieren von Punkten verhindern. Nun war auch klar, weshalb Mundschutz, Helm und Kriegsbemalung von Nutzen sind.

Ein schöner Aha-Effekt, als ich merkte, dass plötzlich alles Sinn ergab, und ich ertappte mich dabei, wie ich plötzlich energisch Sin Sister (Jammerin, Zürich) anfeuerte, während sie die Blockade durchbrach und Punkte machte.

Blutende Nase und blaue Flecken Es stand inzwischen 108 zu 28 für die Zürich City RollerGirlz und ich fand Gefallen an diesem Sport. «Keine fünf Sekunden würde ich überstehen», dachte ich – eine Spielerin krachte gegen die Banden, eine andere rollte mit blutender Nase zu den Sanitätern und eine dritte packte Eis auf ihren Oberschenkel. Aber es war nicht die Brutalität, die mich beeindruckte; viel mehr die graziöse Kunst des Rollschuhfahrens, welche auf die raue Art des Kampfes trifft. Die Leistung beider Teams überwältigte mich.

Der letzte Jamm – unofficial Final – wurde angepfiffen. Und noch einmal ging es hart zur Sache. Zürich gewann gegen Karlsruhe mit 240 zu 101 – ich freute mich über den wohlverdienten Sieg der Zürich City RollerGirlz.

Simultan erhob sich das Publikum und positionierte sich an der ovalen Bahn. Ich schloss mich an. Sobald alle Zuschauer nebeneinander standen, zogen beide Teams noch eine letzte Runde und die Hände der Spieler klatschen in die der Zuschauer. «Was für ein bemerkenswerter Sport,» ging mir durch den Kopf.

Während RollerGirlz ihren Sieg an der Afterparty im Langstars feierten, öffnete ich meine Arme für das Bier Festival.

Bier Festival

Meine Reise führte zum Best Western Hotel Spirgarten in Altstetten. Das Festival öffnete seine Tore um 13:00 Uhr; nun war es bereits kurz vor acht. Ich schlängelte mich durch eine Horde junger Männer, die mit roten Bäckchen und Biergläsern in der einen, Zigarette in der anderen Hand, den Eingang belagerten und sich lautstark des Lebens freuten. Ein leichtes Schmunzeln ging mir über die Lippen – «bald geselle ich mich dazu und werde einer von ihnen». Mein «bald» würde länger dauern als gedacht, da die Schlange, der nach Einlass verlangenden Besucher bis zur Eingangstüre reichte und sich mit jenen vermengten, die bereits auf ihre Kosten kamen.

Monotones Prozedere Ich bezahlte die 20 Franken Eintritt – den selben Betrag hatte ich bei der letzten Zürcher Wein-Ausstellung (Expovina) auch bezahlte und es lohnte sich alleweil. Das gleiche orange Bändchen, das ich bereits vom Roller Derby um das Handgelenk trug, wurde mir übergeben. «Naja, dumm gelaufen aber jetzt kann mich nichts mehr vom Bier trennen», dachte ich mir und ich hatte unrecht, denn die nächste Schlange wartete bereits. Ich stellte mich an, wartete, bezahlte fünf Franken Depot für das offizielle Bierglas und gliederte mich erneut in eine Schlange ein. Auch hier musste ich wieder bezahlen. Ganz im Casino-Stil gab es Jetons, die am Festival als Währung dienten. Ich wunderte mich, dass die Degustation Kosten trug und ärgerte mich etwas über mein unzureichendes Informieren. 15 Jetons im Wert von 15 Franken; es wurde Zeit Bier zu trinken.

Quelle: Facebook

Erwartungen schwanden Ich passierte die Kontrolleure und erkundete mich, ob ich für die 20 Franken Eintritt auch beide Tage zu Besuch kommen dürfe. Ein Schulterzucken und ein «Keine Ahnung» kam als Antwort. Meine Laune verschlechterte sich etwas.

Endlich betrat ich den brechend vollen Üetlisaal, kämpfte mich durch die Menschenmassen und stand wieder Schlange – oder mehr in einer Blase von Menschen, die durch Drängeln versuchten an Bier zu kommen. Ich schrie meine Bestellung, um gehört zu werden – über dem Lärmteppich der Besucher erklang «Surfing Bird» von den Trashmen (das Beste, was der DJ an jenem Abend bot) – und ein Deziliter dunkles Faberbräu (eine kleine Brauerei in Altstetten) wurde in mein Bierglas eingeschenkt. Ich war zwei Jetons ärmer.

Während ich mein erstes, frisch gezapftes Bier genoss, ging mir ein Gedanke durch den Kopf: «Heute Abend muss ich wohl den Lärm des DJs ertragen, für jedes Bier lange anstehen, mit den etlichen Vordrängern rangeln und für jeden Schluck bezahlen.» Ich schraubte meine Erwartungen massiv zurück und dachte weiter: «Was soll’s. Ich bin an einem Bier Festival.»

Odyssee im vermeintlichen Bierparadies Ich zog weiter und versuchte mir Überblick zu verschaffen. Ich wollte wissen, wo ich welches Bier bekomme – schliesslich waren 128 Biere vertreten und ich war neugierig darauf, diese kennen zu lernen. Als ich mich nach einem Programm erkundigte, wurde mir geraten: «Lauf einfach ein bisschen rum und geh von Stand zu Stand. Einige sind Importeure andere sind kleine Brauereien». Ich folgte den Anweisungen, drehte meine erste Runde und liess meinen Blick schweifen. Vielleicht ein Duzend Stände – vielleicht auch mehr – standen verteilt in dem kleinen Saal. Wessen Stand einem Importeur und wessen einer Brauerei gehörte, erfuhr ich nie. Etwas verloren stand ich herum und seufzte schwermütig, da mein fünfter Deziliter Bier (Valaisanne Special) auch schon aufgebraucht war.

Ich drehte weiter meine Runden, proBierte alles was mich gelüstete, bezahlte mal einen, mal drei Jetons, bekam mal kühles, frischgezapftes, mal lauwarmes Bier aus einer offenen Glasflasche.

Meine 15 Jetons waren rasch weg, genau wie mein Verlangen, hier zu bleiben. Eine junge Dame rammte mein Schienbein mit einem bepackten Rollkarren; an ihrem Gesichtsausdruck erkannte ich, dass ich nicht der einzige bin, der wenig Spass hat.

Enttäuschendes Fazit Ich ging Richtung Ausgang. Obgleich meine Liebe zum Bier unangefochten ist, so war das 1. Zürcher Bier Festival für mich eher ernüchternd. Doch hielt ich vor dem Ausgang kurz inne. Ich fragte mich, ob ich zu hohe Ansprüche habe; ob ich zu unkultiviert bin, um ein Fest der Bierkultur zu geniessen; ob ich’s einfach schlecht erwischt habe und jetzt unfair bin? «Soll ich doch noch ein paar Biere testen? Es war noch nicht mal zehn Uhr.» Ich entschied mich trotzdem dagegen.

Es ist gut, dass das Bier Festival stattfand, etlichen Besuchern Freude bereitete und kleinen Brauereien die Möglichkeit gab, ihre Biere zu präsentieren. Aber es ist schade, dass es unübersichtlich, teuer und die Qualität, sowie Frische des Bieres, nicht immer gleich war. Zwar hoffe ich sehr, dass nächstes Jahr abermals das Festival stattfindet, aber noch mehr hoffe ich, dass zwei, drei Dinge verbessert werden.

Titelbild: goodshots.ch 

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