12 Kreise, 12 Beizen: Hüttenzauber am Hallwylplatz - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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Von Seraina Manser

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28. April 2022 um 04:00

12 Kreise, 12 Beizen: Hüttenzauber am Hallwylplatz

In der Gastroreihe «12 Kreise, 12 Beizen» besucht Tsüri.ch jeden Monat eine Quartierbeiz in einem anderen Kreis. Im Kreis 4 führt die Reihe ins Penalty mit seinem Wirt, wie aus dem Bilderbuch, der pro Tag bis zu 100 Cordons bleus verkauft.

Das ist nicht in den Bergen, sondern im Kreis 4. (Foto: Elio Donauer)

Auf dem Fenstersims steht eine Kiste mit Geranien, dahinter hängen rot-weiss karierte Vorhänge. Die Schiefertafel preist Riesen Cordon bleu, Kaiserschmarrn und «Heisse Liebe» an. Sind wir hier im Tirol oder in Vorarlberg? Nein! Burgsteins Penalty steht am Hallwylplatz, im äussersten Zipfel des Kreis 4.

Der Gastgeber, Sebastian Burgstein, ist Österreicher und zeigt das auch auf der Speisekarte: Er serviert Kärntner Speckbrettli, Original Wiener Schnitzel mit Preiselbeeren und Eis-Palatschinken, österreichische Omeletten. Die meisten besuchen das Penalty aber wohl wegen der vielen Cordon bleu Variationen: Scharfer Banana Joe, gefüllt mit Banane, Stinkerli mit Knoblauch und Speck oder Tex Mex mit rassiger Chorizo – der Gastgeber tobt sich bei den Füllungen der Cordons bleus kreativ aus. Eine Wucht ist «SEBI’s Mega Double Cordon bleu», es wiegt um die 600 Gramm und kostet 72.90 CHF. Pro Tag werden hier 60 bis 100 Cordons bleus verzerrt, sagt der Wirt nicht ohne Stolz. Die Vegetarier:innen können zwischen zwei Gerichten auswählen: Eine Art Ravioli, gefüllt mit Kartoffeln, oder Gemüse-Tätschli mit Salatteller.

Eine A4-Seite mit Cordons bleus. (Foto: Elio Donauer)

Matrjoschkas und Engelsstatue

Montagabend, 18.30 Uhr: Das Stübli ist gut gefüllt. Er mache keine Werbung, sagt der Gastgeber, es sei voll, «weil es gut ist». Auf dem grossen Fernseher reiten Männer in historischen Kostümen um ein Feuer. Das Sechseläuten wird live übertragen. «Wir sind hier ja schliesslich in Zürich, da soll man das schon zeigen», rechtfertigt sich die Bedienung. 

Stillleben in Burgsteins Penalty. (Foto: Elio Donauer)

Das Muster der Vorhänge findet sich auf den Tischtüchern wieder: rot-weiss kariert, wohin das Auge reicht. An den Wänden hängt eine Kuckucksuhr, Fotos der Angestellten und des Gastgebers. Auf der Eckbank steht ein Schrein mit Matrjoschkas und einer Engelsstatue. Die Wand ist mit dunklem Holz vertäfelt. Es ist urchig, dunkel und sehr gemütlich. Burgstein hat die Beiz eigenhändig dekoriert: «Ich schleppe gerne spezielle Objekte an.»

Voilà, Wirt Sebastian Burgstein vor der Bar im Penalty. (Foto: Elio Donauer)

1996 ist Burgstein nach Zürich gekommen. Ursprünglich, um seiner Tante zu helfen, die damals in Zürich gewirtet hatte. «Ich habe mir gedacht, in der Schweiz kannst du gut Kohle verdienen.» Und er ist geblieben. 2017 hat er das Penalty übernehmen können. Davor hat er zwei Jahre nach einem passenden Lokal Ausschau gehalten. Dass das Penalty zuvor ein «richtiger Spielschuppen» gewesen ist, davon zeugt jetzt nur noch ein einziger Spielautomat im Barbereich.

«Ein einziger Gast kann dir das ganze Ambiente versauen»


Das Penalty ist diese Art Beiz, wo man sich über die Tische hinweg hinweg «En Guete» wünscht. Ein Mann sagt zu den beiden Frauen am Nebentisch: «Ich bestelle sonst noch Besteck, dann kann ich bei eurem Cordon bleu mitessen.» Die Angestellte wuselt durch die Tische hindurch und ist so gut gelaunt und für einen Schwatz zu haben, das man sich fragt: «Janu, ist das denn noch Zürich?» Die Frage beantwortet ein Mann in Poloshirt, der laut «Z-S-C» in Richtung Türe blökt. Weder Gäste noch Bedienung schenken ihm Aufmerksamkeit, dass es im Penalty ab und zu laut wird, daran scheint man gewöhnt. Der Wirt stellt unerwünschte Gäste auch mal eigenhändig auf die Strasse – er könne das mit seiner «drei Zentner Erscheinung» problemlos selbst und brauche dazu keine Polizei: «Ein einziger Gast kann dir das ganze Ambiente ‹versiechen›, dann denke ich lieber ‹raus mit dir›!»

Ob von aussen oder innen – rot-weiss kariert ist das Motto. (Foto: Elio Donauer)

Er habe den «Plausch», dass seine Beiz gerade auch bei jungen Leuten beliebt sei. In Zukunft würde er gerne die Terrasse vergrössern, aber es sei halt schon unglaublich viel Bürokratie für drei Tische mehr. Zurzeit ist es für die Terrasse noch zu kühl. Drinnen in der Hütte ist es eh gemütlicher, das findet auch die Dame am Nebentisch, die ihre Begleitung fragt: «Nehmen wir noch ein Dreierli?»

12 Kreise, 12 Beizen

Im Jahr 2022 reist Tsüri.ch Monat für Monat in einen anderen Kreis und setzt sich einen Abend lang in die dortige Quartierbeiz. Die kulinarische Reise beginnt im Januar im Kreis 1 und endet im Dezember in Schwamendingen im Kreis 12. Hinweise für die Beiz, die wir in deinem Quartier besuchen sollen, kannst du hierhin schicken.

1. Tsüri.ch versucht die Balkenprobe in der Oepfelchammer

2. Kalbszüngli und Kegeln im Muggenbühl

3. Radio 24 und Röschti im Bahnhöfli Wiedikon

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