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6. Juni 2016 um 11:09

Was ist dein Schweizerpass wert?



Zugegeben: Ein Index, der den Wert einer Nationalität messen will, klingt mindestens problembehaftet. Schliesslich möchten wir glauben, dass alle Menschen denselben Wert haben, egal woher sie stammen. Doch der Quality of Nationality Index will unter anderem darauf hinaus, dass Nationalität und Staatsbürgerschaft eben nicht dasselbe sind. Von wem also stammt der QNI, und welche Erkenntnisse lassen sich daraus ziehen?

Zur Präsentation der ersten Ausgabe lädt der internationale Wohnsitzvermittler Henley & Partners ins Park Hyatt Hotel beim Zürichsee. Der Service ist edel wie immer, es wird gedämpft Englisch parliert und überall sind Flipcharts mit grafischen Länderauswertungen aufgestellt. Bevor es losgeht, werden dicke Pressepakete verteilt: ein 300 Seiten starker Deckenband und ein verchromter USB-Stick im weissen Kunstlederband inklusive.

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Der Pass als Indikator für Lebensqualität – oder Widrigkeiten Die Gäste stammen mehrheitlich aus der Finanzindustrie. Hauptredner ist Professor Doktor Dimitry Kochenov aus den Niederlanden, der den QNI in Zusammenarbeit mit H&P erstellt hat. Kochenov trägt krause Haare, Brille und redet vor Leidenschaft wie ein Maschinengewehr – in osteuropäisch gefärbtem Englisch. Früh führt er aus, dass die Nationalität sehr wohl darüber entscheide, wieviel Lebensqualität man erwarten könne. Kinder, die im Kongo zur Welt kämen, hätten beispielsweise eine merklich niedrigere Lebenserwartung.

Weiter bedeutet eine Nationalität nicht bloss, als dass man jederzeit in sein Land zurückkehren könne, ohne dass Fragen gestellt würden. Viel entscheidender als der Wert innerhalb der eigenen Landesgrenzen seien die im Ausland gebotenen Vorteile. Auch gehe es nicht darum, wieviele Länder man ohne Visa bereisen könne, sondern wieviele der begehrten Destinationen offen stünden. Gerade Lichtenstein habe in dieser Hinsicht grosses Verhandlungsgeschick gezeigt und es darum verdient auf den 12. Rang geschafft.




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Der Pass, den Spione liebten Der Wert von Nationalitäten sei selbstverständlich Schwankungen unterworfen. So habe der jugoslawische Pass einst hohes Ansehen genossen. Bei Spionen sei er sogar besonders beliebt gewesen, weil er Zutritt ins Sowjetreich sowie den Westen bot. Dank der Zusammenarbeit mit der EU hätten Staaten wie Montenegro oder Slowenien nach einem zwischenzeitlichen Tief aber wieder aufgeholt. Gleichzeitig prophezeit Kochenov liebevoll, dass dem Vereinten Königreich, das gegenwärtig Platz 11 belegt, im Brexit-Fall eine - Zitat - »Argentinisierung« bevorstehe. Das Gesamtrating setzt Argentinien auf Platz 37.

Gegen Ende des Vormittags inmitten von Anzugträgern fragt jemand, ob denn dieser Index nicht gewisse Nationalitäten entwerte und somit entmenschlichend wirke. Kochenov betont, dass ein niedriges Ranking auf dem QNI zunächst einmal den Staat, und nicht etwa seine Bürger schlecht aussehen lasse. Die Einstufung habe hauptsächlich mit der Bereitschaft einer Nation zur Zusammenarbeit mit der restlichen Welt zu tun. China sei beispielsweise eine Weltmacht, nehme jedoch die Würde seines Volkes nicht sonderlich ernst, weshalb dessen Pässe weit hinten auf Platz 134 lägen. Für die eigene Wirtschaft wiederum sei das aber sehr vorteilhaft. Er sagt dies vor laufender Kamera, denn der Event wird live ins Internet übertragen.

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Ganz zum Schluss wird der Gewinner des Wettbewerbs gezogen. Der Glückliche gewinnt eine Reise ins Land auf Platz 1. Also ins weit entfernte Deutschland. Beim anschliessenden Lunch-Buffet sind wir uns einig, dass der QNI durchaus einen interessanten Blickwinkel auf die Welt liefern kann. Er ist ebenso ein Aufruf an die Bürger, ihre Regierungen zu mehr Befugnissen und internationaler Kooperation anzuhalten. Dies ist laut Kochenov überhaupt der beste Weg für eine Nation, ihr Rating zu verbessern.

Bronze für die Schweiz? Doch wie sieht es nun mit der Schweiz aus? Dass uns die Gesamtwertung bloss Platz 8 zugesteht, dürfte viele überrascht haben, und leider bleibt der 200 Seiten starke Infokatalog eine grafische Auswertung unseres Landes schuldig. Bei den Nationalitäten der OECD, vom europäischen Kontinent und jenen mit hoher Entwicklung belegen wir jedes Mal Platz 8. Beim nicht näher erklärten »External Value« wird uns Platz 11 zuteil, bei Niederlassungsfreiheit Platz 7 und bei der Reisefreiheit gar Rang 17. Doch das ist alles eine Frage der Perspektive. Rechnet man Deutschland nicht alleine, sondern die EU als eine Nationalität, so erreicht der europäische Wirtschaftsverbund bloss Platz 5, während wir auf den dritten Platz aufsteigen. Direkt nach Norwegen und Island.

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