8 Gründe, weshalb die Schulleitung der ZHdK die besten Noten kriegt – im Armutszeugnis - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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9. Juni 2016 um 07:51

8 Gründe, weshalb die Schulleitung der ZHdK die besten Noten kriegt – im Armutszeugnis

1. Was bisher geschah

Bis vor nicht so langer Zeit waren die einzelnen Abteilungen der ZHdK über die ganze Stadt verteilt. In kleineren und grösseren Gebäuden bildeten sie mehr oder weniger autonome Ausbildungs- und Vermittlungseinheiten. Dadurch genossen sie bei den Nutzungsbedingungen einen den jeweiligen Bauten entsprechenden Handlungsspielraum.

2. Umzug ins Toni-Areal

Das änderte sich jedoch schlagartig mit dem Umzug in die Toni. Dort galt, was die Nutzung der vielen und teils grosszügig gehaltenen Zwischenräume wie Gänge, Hallen und Treppenhäusern betrifft, ein rigides System – topdown eingeführt, zentralistisch überwacht und konsequent durchgesetzt.

https://www.facebook.com/jacobysimon/posts/10153922923443813

3. Zwischen-Nutzung verboten

Weil durch den Zusammenzug der Departemente die nutzbare Raumfläche – im Vergleich zur dezentralen Organisation davor – im Toni-Areal kleiner wurde, gelten auch die Eingangs- und Kaskadenhallen als temporär nutzbare Ausstellungs- und Vorlesungszonen. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass sie sich nur beschränkt als Vermittlungsorte bespielen liessen – insbesondere auch deshalb, weil es untersagt war, die Wände und Räume in irgendeiner Art und Weise (spontan!) zu bespielen.

4. Konsumieren statt Produzieren

Es gab jedoch auch andere Einschränkungen, die den informellen Austausch behinderten. Mir ist beispielsweise bekannt, dass sich Studentinnen und Studenten als Austauschplattform in der Eingangshalle eine kleine Suppenküche einrichten wollten. Es wurde jedoch untersagt, dort mit mobilen Herdplatten Suppe zu kochen. Das mag aus feuerpolizeilichen Gründen legitim sein, aber für die ZHdK scheint zu gelten, was in Zürich grundsätzlich Programm ist: Improvisieren ist illegal!

5. Und es hat «bumm!» gemacht

Die «Eskalation kurz vor der Diplomfeier» ist also das Resultat eines langen Gär-Prozesses und quasi nur die Spitze des Eisbergs. Denn es gab von Beginn weg grössere und kleinere «interventionistische Protestaktionen» (hier ein Sprüchlein an der Wand und dort ein Kleber).

6. Disziplin ist die höchste Disziplin

Als gelegentlicher Dozent, Mentor und Juror an der ZHdK begrüsse ich ausserordentlich diese kritische und kreative Auseinandersetzung mit Regeln und Deutungshoheiten. Reihum beklagen sich immer wieder Kolleginnen und Kollegen, dass die heutigen Studentinnen und Studenten viel zu passiv, zu unpolitisch, zu unkritisch, zu stromlinienförmig seien und alles nur freundlich abnicken. Falls dem wirklich so ist: Die Disziplinierung beginnt im Kleinen und schränkt bewusst oder unbewusst jeden kreativen Geist ein. Wie aus dem letzten Jahrhundert schallt es immer wieder durch diese Institution (und kulturpolitisch gesehen auch durch die ganze Stadt): Kunst ausserhalb von Bühne, Leinwand oder Bildschirm ist: Sachbeschädigung!

https://twitter.com/baziil/status/740129127873777664

7. Ist das Kunst ...?

Die Diskussion, ob dieser «Farbanschlag» (wie ihn wohl gerne Manager, Politiker und Verwalter nennen würden;-) gute, schlechte oder überhaupt Kunst ist, scheint mir sekundär (weshalb ich erst im siebten Punkt darauf zu sprechen kommen). Trotzdem entwickelte ich in diversen Diskursen auf Facebook dazu eine klare Meinung: Vom Zeitgeist her ist das, was wir hier sehen, der ganz heisse Scheiss. Ob in Kunst (u.a. Beni Bischof) oder Design (u.a. Snapchat): Die trashige Kritzel-Ästhetik setzt einen plakativen Kontrapunkt zur perfekten, überinszenierten und auswechselbaren Hochglanzwelt von Instagram, Mainstream-Brands und Werbung.

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8. ... oder kann das (ein) weg (sein)?

Was bei dieser Eskalation auch sichtbar wird: Hochschulen werden heute in erster Linie verwaltet. Das kommt wohl davon, weil sie der Politik, der sie zur Hauptsache Rechenschaft schuldig sind, vor allem die gängigen Kennzahlen abliefern müssen (denn auch die Politik orientiert sich oft nur noch nach Mckinsey-Massstäben). Neben dem Sanktionieren und Verfolgen könnte unter anderem ein (minimal) kuratorischer Ansatz interessant sein, um mit diesem grossen, freiwilligen Engagement seitens der Studentinnen und Studenten umzugehen: Beispielsweise, dass das Haus alle sechs Monate total gereinigt und frisch gestrichen würde. Der Prozess der Aneignung der Zwischenräume würde jeweils dokumentiert und analysiert. Dabei könnte man spannenden Fragen nachgehen: Gibt es Unterschiede zwischen den Departementen und den unterschiedlich erschlossenen Zonen? Verändert sich die formelle und ästhetische Aneignung von Generation zu Generation? Sind daraus gestalterische Trends abzuleiten? etc.pp. Eine solche Herangehensweise erwarte ich von einer «Hochschule der Künste». Aber das ist aktuell zu viel verlangt. In dieser Stadt. In dieser Gesellschaft. Fortsetzung folgt. Leider.

(oder wird doch alles gut?)

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