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15. März 2015 um 15:51

Mit roten Taschen für gerechten Lohn

Equal Pay Day am Paradeplatz



Es ist nicht aussergewöhnlich, dass der Paradeplatz mit roten Zahlen in Verbindung gebracht wird. Seltener passiert es, dass man dort etwas geschenkt bekommt. Am vergangenen Montag wurden dort rote Taschen und Gerstensuppe an Passanten verteilt, um auf die nach wie vor existierende Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen aufmerksam zu machen.

Nachdem einige Tage zuvor in Bern bereits über 12’000 Leute dafür auf die Strasse gingen, wurde man anlässlich des Equal Pay Day auch in Zürich aktiv. Der Tag der Lohngleichheit fiel wie jedes Jahr in unmittelbare Nähe des Internationalen Frauentags.

Die Idee zum Equal Pay Day kommt ursprünglich aus den USA und findet seit 2009 auch in der Schweiz statt. Er markiert jeweils den Tag, bis zu dem Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen unentgeltlich gearbeitet haben. Die verteilten roten Taschen stehen dabei symbolisch für rote Zahlen und das Geld, das Frauen weniger in der Tasche haben. Der Anlass wird jedes Jahr vom BPW Switzerland (Business and Professional Women) in Zusammenarbeit mit verschiedenen Frauenorganisationen und Gewerkschaften organisiert und auch von Parteien unterschiedlicher politischer Ausrichtung unterstützt.

 

«Dörf ich ihne au e täsche mitgäh?» Die Reaktionen auf die verteilten Taschen, die Flyer mit Informationen zur Lohnungleichheit in der Schweiz enthalten, fielen unterschiedlich aus. Einige Passanten stellen sich interessiert an den Stand, andere nehmen eine Tasche und gehen weiter und wieder andere ignorieren die Freiwilligen am Stand völlig und versuchen möglichst schnell weg zu kommen. Das Rot der Tasche passe einfach nicht zu seinem Anzug, meint ein Herr und geht weiter. «Aber für Lohngleichheit sind sie schon?», ruft man ihm hinterher.

Bereits seit 1981 ist der Grundsatz für Lohngleichheit in der Bundesverfassung verankert. Zehn Jahre später, zum Jubiläum von «700 Jahren Eidgenossenschaft, 20 Jahren Frauenstimmrecht, 10 Jahre Gleichstellung in der Verfassung», einer Gegenüberstellung, die für sich selbst spricht, wurde von den Gewerkschaften zum Landesweiten Frauenstreik aufgerufen, woraufhin eine halbe Million Frauen unter dem Motto «Wenn frau will, steht alles still» für einen Tag die Arbeit niederlegten. Infolge dessen wurde nicht nur 1993 Ruth Dreifuss in den Bundesrat gewählt, sondern auch 1995/96 das Gleichstellungsgesetz vom Parlament angenommen, das verbindliche Regeln für die Umsetzung des Verfassungsartikels von 1981 setzte.

Frauen verdienen 19% weniger Trotzdem muss auch heute noch für die Umsetzung des Artikels gekämpft werden, denn noch immer verdienen Frauen im Schnitt 19 Prozent weniger als Männer. Davon kann knapp die Hälfte nicht objektiv erklärt werden und ist folglich nur auf den Geschlechtsunterschied zurückzuführe.

Ob die 2200 verteilten Taschen diese Ungleichheit aufheben können, ist fraglich. Zu wünschen wäre es aber, denn die in der Verfassung verankerte Gleichberechtigung bleibt graue Theorie, wenn sie nicht auch in der Wirtschaft ihre Umsetzung findet. Auf die Frage, ob man optimistisch sei, was die zukünftige Entwicklung der Lohnungleichheit angeht, heisst es am Paradeplatz ernüchtert: «An irgendetwas muss man ja glauben.»

Titelbild: equalpayday.ch

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